Darum geht’s in diesem Artikel – Was erwartet dich?
Vergleichsportale sind praktisch – ein paar Klicks, und du hast eine Übersicht über Versicherungen, Preise und Leistungsangebote. Doch wie objektiv sind die Bewertungen wirklich? Besonders die Schulnoten von Check24 für Versicherungstarife standen auf dem juristischen Prüfstand. Die HUK-Coburg hatte geklagt – mit dem Vorwurf: unzulässige vergleichende Werbung. Nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden: Check24 darf die Bewertungen vorerst weiter anzeigen. Aber was genau bedeutet das Urteil? Ist das ein Freibrief für Vergleichsportale? Oder eine Gefahr für Verbraucher, denen scheinbare Objektivität vorgespiegelt wird?
In diesem Artikel erfährst du, wie der EuGH argumentiert, welche Auswirkungen das Urteil auf dich als Nutzer hat und warum trotz dieses Urteils noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Wir klären, was unter vergleichender Werbung rechtlich zu verstehen ist, wann ein Wettbewerbsverhältnis vorliegt und welche Rolle die Transparenz der Bewertungskriterien spielt. Du bekommst außerdem klare Tipps, wie du Vergleichsportale richtig nutzt – und woran du erkennst, ob eine Note wirklich hilfreich ist.
Denn gerade bei Versicherungen zählt nicht nur der Preis. Vertragsdetails, Servicequalität und Leistungsumfang sind oft entscheidender – und genau hier solltest du genau hinschauen. Was einfach aussieht, ist rechtlich komplex – aber mit dem richtigen Wissen bist du als Verbraucher auf der sicheren Seite.
Hintergrund – Was war passiert?
Die HUK-Coburg hatte gegen Check24 geklagt. Der Vorwurf: Die Schulnoten, mit denen das Portal Versicherungstarife bewertet, seien eine Form unzulässiger vergleichender Werbung. Das Landgericht München I legte den Fall dem EuGH vor (C-697/23). Die zentrale Frage: Handelt es sich bei Check24 und HUK-Coburg um direkte Wettbewerber? Nur dann würden die strengen Regeln zur vergleichenden Werbung greifen.
Der EuGH entschied am 8. Mai 2025: Zunächst müsse geprüft werden, ob ein Wettbewerbsverhältnis überhaupt besteht. Der bloße Umstand, dass Check24 Versicherungen vergleicht, mache das Portal noch nicht automatisch zu einem Wettbewerber klassischer Versicherer wie der HUK. Check24 bietet keine eigenen Policen an – das ist entscheidend.
Deshalb gilt: Solange kein direkter Wettbewerb besteht, darf Check24 auch weiterhin Noten vergeben. Das letzte Wort hat allerdings das Landgericht München I. Es muss nun feststellen, ob ein konkretes Wettbewerbsverhältnis vorliegt – und ob die Noten tatsächlich irreführend oder intransparent sind.
Was bedeutet vergleichende Werbung?
Nach der EU-Richtlinie 2006/114/EG ist vergleichende Werbung nur unter engen Voraussetzungen erlaubt. Der Vergleich muss objektiv, nachprüfbar und nicht irreführend sein. Wichtig: Die Werbeaussage muss sich tatsächlich auf einen Mitbewerber beziehen.
In diesem Fall argumentiert Check24, dass es keine eigenen Versicherungen vertreibt – und daher gar kein Mitbewerber sei. Der EuGH folgt dieser Argumentation im Grundsatz. Dennoch bleibt es Sache der nationalen Gerichte, im konkreten Fall das Verhältnis zu prüfen.
Für die Praxis bedeutet das: Solange Check24 keine eigenen Produkte anbietet und die Bewertungsgrundlagen transparent sind, dürfen die Schulnoten weiter angezeigt werden. Ob das im Einzelfall auch zulässig ist, muss jedoch bei jeder Bewertung geprüft werden.
Warum das Urteil Verbrauchern trotzdem nicht automatisch nützt
Viele Verbraucher verlassen sich auf Vergleichsportale. Doch nicht alle wissen, dass die Rankings häufig von Provisionsvereinbarungen beeinflusst werden. Auch die Bewertungskriterien sind oft nicht vollständig offengelegt. Eine „Schulnote“ suggeriert Objektivität – obwohl die zugrunde liegenden Maßstäbe nicht immer nachvollziehbar sind.
Verbraucherschützer warnen deshalb: Auch wenn das EuGH-Urteil rechtlich korrekt ist, darf man Vergleichsportalen nicht blind vertrauen. Es fehlt an Transparenz, Marktübersicht und kritischer Einordnung. Die beste Versicherung ist nicht immer die mit der besten Note.
Auch der Bundesverband der Versicherungskaufleute (BVK) kritisierte die Entscheidung. Die Note erwecke den Eindruck eines neutralen Vergleichs – tatsächlich stehe aber oft eine wirtschaftliche Interessenlage dahinter. Vergleichsportale sind eben keine unabhängigen Verbraucherschützer.
Welche Pflichten haben Vergleichsportale?
Auch wenn der EuGH den Spielraum erweitert hat, gelten für Vergleichsportale weiterhin klare Vorgaben:
- Sie müssen ihre Bewertungskriterien offenlegen.
- Sie dürfen Verbraucher nicht in die Irre führen.
- Rankings, die durch Provisionen beeinflusst werden, müssen klar gekennzeichnet sein.
- Anbieter, die nicht gelistet sind, dürfen nicht systematisch benachteiligt werden.
Diese Pflichten ergeben sich aus dem Wettbewerbsrecht, dem UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) und – bei Verstößen – auch aus dem Verbraucherschutzrecht.
Tipps der Redaktion
Wenn du dich über Versicherungen informierst, solltest du nicht nur auf die Note achten. So erkennst du seriöse Vergleiche:
✅ Bewertungsgrundlagen kritisch prüfen
✅ Anbieter direkt vergleichen – nicht nur über Portale
✅ Vertragsbedingungen genau lesen
✅ Nicht vom Ranking allein leiten lassen
✅ Hilfe findest du auch jederzeit auf unserer Hauptseite:
https://lexpilot.onepage.me
Experteneinschätzung
„Das EuGH-Urteil ist kein Blankoscheck für Vergleichsportale – aber ein Weckruf für die nationalen Gerichte. Die Entscheidung zeigt, wie komplex die Frage des Wettbewerbsverhältnisses ist. Wer nur vermittelt, ist nicht automatisch Mitbewerber – aber die Grenze ist fließend. Für Verbraucher bedeutet das: Wachsam bleiben, nicht blind vertrauen. Wer eine Versicherung abschließt, sollte sich nicht allein auf Portale verlassen. Besonders die Transparenz der Bewertungskriterien bleibt ein rechtlich sensibler Punkt. Entscheidend wird sein, wie das Landgericht München nun die Marktstellung von Check24 beurteilt. Klar ist aber auch: Wer Bewertungen nutzt, muss sie verstehen – sonst droht die Täuschung durch scheinbare Objektivität.“
Björn Kasper, Rechtsanwalt
FAQ – Die 7 wichtigsten Fragen zum Thema
Was bedeutet das EuGH-Urteil für Check24 konkret?
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Check24 vorerst weiterhin Schulnoten für Versicherungen vergeben darf. Entscheidend ist, dass das Portal keine eigenen Versicherungen vertreibt und daher nicht automatisch als Mitbewerber gilt. Das Urteil bedeutet aber nicht, dass alle Bewertungen zulässig sind – es kommt auf die Transparenz und die Marktsituation an.
Dürfen Vergleichsportale generell Bewertungen vergeben?
Ja, solange sie keine irreführende oder intransparente Werbung betreiben. Bewertete Produkte dürfen nicht systematisch benachteiligt werden. Die Bewertungskriterien müssen nachvollziehbar und objektiv sein. Verstöße gegen diese Grundsätze können abgemahnt oder gerichtlich untersagt werden.
Muss ein Wettbewerbsverhältnis vorliegen, damit vergleichende Werbung greift?
Ja. Die EU-Richtlinie erlaubt vergleichende Werbung nur bei bestehenden Wettbewerbsverhältnissen. Wenn ein Portal wie Check24 lediglich vermittelt, könnte es außerhalb dieser Regeln agieren. Das muss aber im Einzelfall geprüft werden – wie jetzt durch das Landgericht München I.
Wie erkenne ich seriöse Vergleichsnoten?
Achte darauf, ob die Kriterien veröffentlicht sind und ob Provisionen eine Rolle spielen. Gute Portale geben transparent an, wie sie bewerten. Rankings ohne nachvollziehbare Basis solltest du meiden. Auch eine breite Anbieterauswahl spricht für Seriosität.
Was kann ich tun, wenn ich mich durch eine Bewertung getäuscht fühle?
Du kannst dich an die Verbraucherzentrale wenden oder eine Beschwerde bei der Wettbewerbszentrale einreichen. Auch rechtliche Schritte sind möglich – insbesondere, wenn wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Dokumentiere dafür alle relevanten Informationen.
Sind auch andere Vergleichsportale betroffen?
Ja, die Grundsätze des Urteils gelten für alle Vermittler, die Bewertungen anzeigen. Egal ob Check24, Verivox oder andere: Solange kein eigenes Produkt angeboten wird, ist das Wettbewerbsverhältnis fraglich. Dennoch gelten für alle dieselben Transparenzpflichten.
Wie sollte ich als Verbraucher mit Bewertungen umgehen?
Nutze Bewertungen als Orientierung – aber nicht als Entscheidungshilfe allein. Lies das Kleingedruckte, prüfe das Preis-Leistungs-Verhältnis selbst und ziehe im Zweifel eine persönliche Beratung hinzu. Schulnoten auf Portalen sind keine Garantie für Qualität.