Leben und Arbeiten ohne festen Wohnsitz
Digitale Nomaden arbeiten ortsunabhängig – vom Strandcafé in Bali bis zum Co-Working-Space in Lissabon. Die Freiheit, jederzeit den Standort zu wechseln, bringt steuerlich allerdings erhebliche Herausforderungen mit sich. Anders als viele denken, gibt es keinen „Steuer-freien Raum“. Auch ohne festen Wohnsitz in Deutschland können weiterhin Steuerpflichten bestehen – abhängig von Aufenthaltsort, Dauer und Art der Tätigkeit.
Die größte Hürde ist, dass jedes Land eigene Steuerregeln hat. Wer regelmäßig den Aufenthaltsort wechselt, muss prüfen, in welchem Land er steuerlich ansässig ist und wo er Einkommen versteuern muss. Dabei spielt das deutsche Außensteuerrecht eine zentrale Rolle, ebenso wie Doppelbesteuerungsabkommen.
Steuerlicher Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt
Für die deutsche Finanzverwaltung ist entscheidend, ob noch ein Wohnsitz (§ 8 AO) oder ein gewöhnlicher Aufenthalt (§ 9 AO) in Deutschland besteht.
- Wohnsitz: Eine Wohnung, die Sie jederzeit nutzen können, auch wenn Sie sie nur selten betreten.
- Gewöhnlicher Aufenthalt: Aufenthalt in Deutschland über 183 Tage im Jahr, auch mit Unterbrechungen.
Wer beide Kriterien vermeidet, kann aus der unbeschränkten Steuerpflicht fallen – muss aber aufpassen, dass nicht andere Länder eine Steuerpflicht annehmen.
Außensteuerrecht und Wegzugsbesteuerung
Unternehmer oder Anteilseigner an Kapitalgesellschaften riskieren bei Wegzug aus Deutschland die sogenannte Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG). Dabei wird so getan, als hätten Sie Ihre Anteile verkauft, wodurch ein fiktiver Veräußerungsgewinn besteuert wird. Hier ist sorgfältige Planung entscheidend.
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) nutzen
Deutschland hat mit vielen Staaten DBAs abgeschlossen. Sie regeln, welches Land besteuern darf. Das kann bedeuten, dass Einkünfte nur im Tätigkeitsland besteuert werden oder dass Deutschland die Steuer anrechnet. Ohne DBA droht Doppelbesteuerung.
Umsatzsteuer bei digitalen Leistungen
Wer digitale Leistungen an Privatkunden in der EU erbringt, muss die Umsatzsteuer des Kundenlandes berechnen und über das OSS-Verfahren abführen. Bei Kunden außerhalb der EU können Ausnahmen gelten – dennoch ist eine genaue Prüfung erforderlich.
Tipps der Redaktion
✅ Steuerlichen Wohnsitz und Aufenthalt genau prüfen
✅ Wegzugsbesteuerung vor Ausreise planen
✅ Doppelbesteuerungsabkommen kennen und nutzen
✅ Umsatzsteuerpflicht in Zielmärkten prüfen
✅ Steuerberater mit internationaler Erfahrung einbinden
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Experteneinschätzung
„Digitale Nomaden haben oft komplexere Steuerfragen als klassische Unternehmer. Wer unvorbereitet ausreist, kann schnell in mehrere Steuerpflichten geraten. Frühzeitige Planung und genaue Dokumentation sind hier entscheidend.“ – Rechtsanwalt Björn Kasper
FAQ – Die 7 wichtigsten Fragen zum Thema
1. Wann bin ich in Deutschland steuerpflichtig?
Wenn Sie einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Das bedeutet: Jede nutzbare Wohnung in Deutschland begründet Steuerpflicht – egal, wie selten Sie dort sind. Auch Aufenthalte von mehr als 183 Tagen im Jahr führen zur unbeschränkten Steuerpflicht.
2. Wie vermeide ich Doppelbesteuerung?
Durch Prüfung des DBA mit dem jeweiligen Land. Diese Abkommen legen fest, welches Land Ihr Einkommen besteuern darf. Ohne DBA müssen Sie im Zweifel in beiden Ländern zahlen.
3. Was ist die Wegzugsbesteuerung?
Eine Steuer, die greift, wenn Sie mit wesentlichen Kapitalgesellschaftsanteilen ins Ausland ziehen. Der Gesetzgeber tut so, als hätten Sie Ihre Anteile verkauft, und besteuert den fiktiven Gewinn.
4. Muss ich Umsatzsteuer im Ausland zahlen?
Ja, wenn Sie digitale Leistungen an Privatkunden in der EU erbringen. Dann gilt die Umsatzsteuer des Kundenlandes. Abrechnung erfolgt über das OSS-Verfahren beim Bundeszentralamt für Steuern.
5. Gilt die Kleinunternehmerregelung auch für digitale Nomaden?
Nur, wenn Sie in Deutschland steuerlich ansässig sind und die Umsatzgrenzen einhalten. Im Ausland kann es andere Regelungen geben.
6. Was, wenn ich keinen festen Wohnsitz habe?
Sie können steuerlich „heimatlos“ sein, aber in den meisten Ländern wird schon ein kurzer Aufenthalt steuerpflichtig, wenn er mit Arbeitseinkommen verbunden ist.
7. Wie weise ich nach, wo ich steuerlich ansässig bin?
Durch Aufenthaltstage-Tracking, Mietverträge, Flugtickets und Meldebescheinigungen. Diese Nachweise sind bei internationalen Steuerfragen entscheidend.