Darum geht’s in diesem Artikel – Was erwartet dich?
Plötzlich kein Geld auf dem Konto, Rechnungen bleiben offen, Miete ist fällig – und das Jobcenter schweigt. Was für viele wie ein schlechter Traum klingt, ist für etliche Leistungsbeziehende bittere Realität. Verzögerte Auszahlungen beim Bürgergeld (ehemals Hartz IV) bringen Menschen in existentielle Nöte. In diesem Artikel erfährst du, welche Rechte du hast, wie du dich effektiv gegen Zahlungsausfälle zur Wehr setzen kannst und welche rechtlichen Möglichkeiten dir offenstehen, um dein Geld schnellstmöglich zu bekommen.
Was tun, wenn das Geld vom Jobcenter ausbleibt?
Wenn das Jobcenter nicht zahlt, solltest du keine Zeit verlieren. Kläre zunächst, ob ein technisches Problem oder ein interner Bearbeitungsfehler vorliegt. Wichtig: Lass dir den aktuellen Bearbeitungsstand schriftlich bestätigen und dokumentiere jede Kommunikation.
Wenn der Sachbearbeiter nicht erreichbar ist oder die Zahlung ohne Grund ausbleibt, kannst du einen Antrag auf Vorschuss (§ 42 SGB I) stellen. Du hast einen Anspruch auf einen Vorschuss, wenn ein Anspruch auf Bürgergeld wahrscheinlich ist und die Entscheidung noch aussteht. Häufig wird diese Möglichkeit verschwiegen – dabei ist sie gesetzlich fest verankert.
Wann ist eine sogenannte „Untätigkeitsklage“ möglich?
Zahlt das Jobcenter über längere Zeit nicht oder bleibt ein Antrag unbearbeitet, hast du das Recht auf rechtlichen Beistand. Nach § 88 SGG kannst du eine sogenannte Untätigkeitsklage erheben – vorausgesetzt, der Antrag wurde bereits vor mindestens sechs Monaten gestellt (bei Widersprüchen: drei Monate). Das Sozialgericht prüft dann, ob eine rechtswidrige Verzögerung vorliegt, und verpflichtet das Jobcenter zur Entscheidung.
Diese Klage ist für dich gerichtskostenfrei. Du kannst sie selbst erheben oder durch einen Anwalt einreichen lassen. In dringenden Fällen lässt sich auch ein Eilantrag beim Sozialgericht stellen.
Anspruch auf einstweiligen Rechtsschutz – wenn es schnell gehen muss
Besteht eine akute Notlage (z. B. bei drohender Wohnungslosigkeit, Stromsperre oder Hunger), kannst du zusätzlich einen Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 86b SGG stellen. Das Gericht entscheidet dann im Eilverfahren – oft innerhalb weniger Tage.
Dafür brauchst du:
- eine Begründung der Dringlichkeit
- Nachweise deiner existenziellen Notlage (Mietrückstände, Kontoauszug, etc.)
- idealerweise den Nachweis über dein Bürgergeld-Antragsdatum
Typische Gründe für Zahlungsverzögerungen – und was du tun kannst
Häufige Ursachen für ausbleibende Zahlungen sind:
- unvollständige Unterlagen
- Sachbearbeiterwechsel oder Krankheitsausfälle
- technische Probleme mit der Zahlungsanweisung
- unzulässige „Ruhendstellung“ wegen angeblicher Mitwirkungspflichtverletzung
Lass dir nie vage Aussagen („wir prüfen noch“, „Sie hören von uns“) gefallen. Verlange konkrete Fristen und halte alles schriftlich fest. Es lohnt sich, Termine direkt vor Ort zu vereinbaren und zu dokumentieren, welche Unterlagen du wann eingereicht hast.
Tipps der Redaktion
Hilfe findest du auch jederzeit auf unserer Hauptseite:
✔ Stelle unverzüglich einen Vorschussantrag, wenn kein Geld kommt
✔ Führe ein lückenloses Protokoll deiner Kontaktversuche
✔ Ziehe rechtzeitig einen Anwalt oder Sozialverband hinzu
✔ Prüfe deine Möglichkeit zur Untätigkeitsklage
✔ Nutze den einstweiligen Rechtsschutz bei akuter Not
Eine kurze rechtliche Einschätzung durch die Expertenbrille
„Wer auf staatliche Leistungen angewiesen ist, hat Anspruch auf eine zügige und sachgerechte Bearbeitung seines Antrags. Wenn das Jobcenter trödelt, drohen schnell existentielle Folgen – besonders bei Miete, Strom oder Lebensmitteln. Deshalb ist es wichtig, frühzeitig aktiv zu werden, Vorschüsse geltend zu machen und notfalls gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.“
Björn Kasper, Rechtsanwalt
FAQ – 7 wichtige Fragen zum Thema
Was kann ich tun, wenn das Jobcenter meine Leistungen nicht auszahlt?
Wenn das Geld ausbleibt, solltest du umgehend nachfragen und auf eine schriftliche Erklärung bestehen. Dokumentiere jede Kontaktaufnahme. Besteht eine Notlage, hast du Anspruch auf einen Vorschuss.
Wie beantrage ich einen Vorschuss vom Jobcenter?
Ein Vorschuss wird formlos beantragt, idealerweise schriftlich mit dem Hinweis auf § 42 SGB I. Gib an, dass dein Antrag auf Bürgergeld bereits gestellt wurde und du auf die Zahlung dringend angewiesen bist.
Wann kann ich eine Untätigkeitsklage einreichen?
Wenn dein Antrag länger als sechs Monate unbearbeitet bleibt (oder ein Widerspruch über drei Monate), kannst du eine Untätigkeitsklage beim Sozialgericht erheben. Die Klage ist kostenfrei.
Was ist ein Antrag auf einstweilige Anordnung?
Das ist ein Eilantrag beim Sozialgericht, wenn eine akute Notlage droht. Das Gericht prüft schnell, ob das Jobcenter zur Zahlung verpflichtet ist. Wichtig sind Nachweise der Notlage.
Muss ich mir das Verhalten vom Jobcenter gefallen lassen?
Nein. Du hast Anspruch auf rechtmäßiges, schnelles Verwaltungshandeln. Bei Verzögerungen kannst du dich an den Vorgesetzten, den Datenschutzbeauftragten oder das Sozialgericht wenden.
Wer hilft mir bei der Durchsetzung meiner Rechte?
Neben Rechtsanwälten gibt es Sozialverbände, Wohlfahrtsverbände und unabhängige Beratungsstellen, die dich kostenfrei unterstützen. Auch das Sozialgericht steht dir offen.
Kann ich das Jobcenter haftbar machen, wenn ich Schulden wegen ausbleibender Leistungen mache?
Grundsätzlich ja, wenn ein schuldhaftes Fehlverhalten vorliegt. Die Hürden für Schadenersatz sind jedoch hoch. Lass dich hierzu anwaltlich beraten.