Wenn der Flieger weiter ist – und du nicht
Dein erster Flug landet verspätet. Du sprintest durch das Terminal, der nächste Gate ist am anderen Ende des Flughafens – doch du kommst zu spät. Der Anschlussflug ist weg. Genau das passiert jedes Jahr Tausenden Reisenden – besonders bei Langstreckenverbindungen, Codeshare-Flügen oder engen Umsteigezeiten. Die Frage ist: Wer haftet für die verpasste Weiterreise – und bekommst du eine Entschädigung?
2025 gibt es für Passagiere bessere Karten als je zuvor – dank klarer Urteile des Europäischen Gerichtshofs und immer transparenterer Airline-Strukturen. Voraussetzung: Du kennst deine Rechte und handelst richtig.
Wann gilt ein Anschlussflug als „verpasst“?
Ein Anschlussflug gilt als verpasst, wenn du ihn nicht rechtzeitig erreichst, obwohl er planmäßig durchgeführt wurde. Wichtig: Maßgeblich ist nicht, dass du zu spät kommst, sondern warum. Wenn dein erster Flug verspätet war und du deshalb den Anschluss verpasst hast, liegt in vielen Fällen ein Anspruch auf Ausgleichszahlung vor – vor allem, wenn beide Flüge gemeinsam gebucht wurden.
Eine Buchung – eine Verantwortung
Waren Hin- und Rückflug oder mehrere Teilflüge unter einer einheitlichen Buchungsnummer zusammengefasst, gelten sie als einheitlicher Flug im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung (VO 261/2004). Die Airline ist dann für die gesamte Verbindung verantwortlich.
Beispiel: Frankfurt – Dubai – Sydney. Wenn der erste Flug (Frankfurt – Dubai) verspätet ist und du den Anschluss nach Sydney verpasst, kann dir die Airline zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet sein – auch wenn der zweite Flug nicht in der EU startet.
EuGH stärkt Passagierrechte 2024/2025
Die Rechtsprechung macht es deutlich:
EuGH, Urteil vom 21.03.2024 (C-510/22):
Bei einer Flugverbindung mit mehreren Segmenten auf einer Buchung zählt die Gesamtankunft am Zielort – nicht die Einzelverspätung.
EuGH, Urteil vom 05.12.2024 (C-627/23):
Auch bei Codeshare-Flügen (z. B. gebucht über Lufthansa, durchgeführt von United) haftet die ausführende Airline – sie ist der verantwortliche „Beförderer“ im Sinne des europäischen Fluggastrechts.
Was steht dir zu?
Wenn du wegen einer Verspätung mehr als drei Stunden verspätet am Endziel ankommst, hast du Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 VO 261/2004:
- 250 € bei Kurzstrecken bis 1.500 km
- 400 € bei Mittelstrecken bis 3.500 km
- 600 € bei Langstrecken ab 3.500 km
Hinzu kommen:
- Ersatzbeförderung zum Zielort
- Übernachtungskosten (z. B. bei Übernachtung am Flughafen)
- Verpflegung während der Wartezeit
- ggf. Schadensersatz bei Anschlussverlust (z. B. verpasste Kreuzfahrt)
Was gilt bei getrennten Buchungen?
Anders sieht es aus, wenn du zwei Flüge getrennt gebucht hast – etwa bei „Selbstbaureisen“ über Reiseportale oder bei Billigairlines. Dann haftet jede Airline nur für ihren Teil der Strecke. Hier gibt es keine Pflicht zur Übernahme oder Entschädigung, wenn du den Anschluss verpasst – du trägst das Risiko.
Tipp: Vermeide enge Umsteigezeiten und achte auf gemeinsame Buchung – auch bei unterschiedlichen Airlines!
So gehst du vor – Schritt für Schritt
- Unterlagen sichern: Boardingkarten, Buchungsbestätigung, Screenshots der Verspätung, Infos von der Airline.
- Schriftlich reklamieren: Innerhalb von zwei Jahren bei der ausführenden Airline mit Fristsetzung zur Zahlung.
- Nicht abspeisen lassen: Verweise auf EuGH-Rechtsprechung und die einheitliche Buchung.
- Bei Ablehnung: Schlichtung über die söp oder Klage beim Amtsgericht.
- Kosten ersetzen lassen: Hebe Quittungen auf (Hotel, Taxi, Essen etc.) – auch diese Ausgaben kannst du geltend machen.
Tipps der Redaktion
- Achte beim Buchen auf eine einheitliche Buchungsnummer – nur dann greift der volle Schutz
- Vermeide knappe Umsteigezeiten – auch bei gemeinsamer Buchung
- Lass dich nicht abwimmeln, wenn du dich im Ausland befindest – du kannst auch später noch Ansprüche geltend machen
- Rechne die tatsächliche Ankunftszeit – entscheidend ist das Öffnen der Flugzeugtür am Endziel, nicht die Landung!