Verbraucherschutz siegt vor Gericht: Das Landgericht München verbietet Vodafone, Kund:innen während eines Werbeanrufs zu Vertragsabschlüssen zu drängen – mit Signalwirkung für die gesamte Telekommunikationsbranche.
Was war passiert?
Ein Vodafone-Kunde erhielt mitten in einem Werbeanruf eine E-Mail mit einer Vertragszusammenfassung für einen Internettarif. Enthalten war ein Link, mit dem der neue Tarif sofort bestellt werden sollte – noch während des Telefonats. Ein klarer Fall von Überrumpelung, fand der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und klagte. Mit Erfolg: Das LG München I untersagte Vodafone dieses Vorgehen mit Urteil vom 22.04.2024 (Az. 4 HK O 11626/23). Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig – Vodafone hat Berufung eingelegt (Az. OLG München: 6 U 1815/24e).
Die Rechtslage: Verbraucherschutz wird konkret
Seit Dezember 2021 verpflichtet das Telekommunikationsgesetz Anbieter, vor jeder Vertragserklärung eine klare und leicht verständliche Vertragszusammenfassung zur Verfügung zu stellen. Diese Regelung soll sicherstellen, dass Verbraucher:innen die Chance haben, Angebote zu prüfen und informierte Entscheidungen zu treffen – in Ruhe, nicht unter Druck.
Das Landgericht München stellte klar: Der Zweck dieser Regelung wird unterlaufen, wenn ein Kunde bereits im laufenden Telefonat zur Abgabe der Vertragserklärung gedrängt wird. Der Verbraucher muss vielmehr einen zeitlichen Abstand zwischen Informationsbereitstellung und Entscheidung haben, um prüfen und vergleichen zu können. Genau das war hier nicht gegeben.
Unzulässige Geschäftspraxis: Rechtswidriges Drängen
Das Gericht folgt der Argumentation des vzbv: Wer während eines Telefonats eine Vertragszusammenfassung erhält und gleichzeitig zur Bestätigung aufgefordert wird, hat keine echte Chance, das Angebot zu überdenken oder Alternativen zu prüfen. Solche Praktiken verstoßen gegen geltendes Verbraucherrecht.
Der entscheidende Punkt: Die Vertragszusammenfassung muss vor Abgabe der Vertragserklärung übermittelt werden – und es muss genügend Zeit bleiben, um diese auch tatsächlich zu lesen und zu verstehen.
Bedeutung über den Einzelfall hinaus
Zwar richtet sich das Urteil gegen Vodafone, doch laut vzbv häufen sich Beschwerden auch über andere Anbieter, die ähnlich vorgehen. Die Entscheidung des LG München ist daher ein deutliches Signal an die gesamte Branche: Wer Verbraucher:innen überrumpelt, riskiert gerichtliches Einschreiten.
Was Verbraucher:innen jetzt wissen müssen
Wenn Sie bei einem Werbeanruf direkt zur Vertragsbestätigung gedrängt werden: Vorsicht! Sie haben ein Recht darauf, Angebote zu prüfen und sich Bedenkzeit zu nehmen. Eine sofortige Zusage – insbesondere auf Zuruf während eines Gesprächs – ist rechtlich nicht notwendig und nicht bindend, sofern keine ausdrückliche und informierte Einwilligung erfolgt ist.
Tipps der Redaktion
- Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen: Ein „Nein“ am Telefon ist Ihr gutes Recht.
- Vertragsunterlagen sollten immer in Ruhe geprüft werden – auch bei scheinbar attraktiven Angeboten.
- Wer sich überrumpelt fühlt, kann abgeschlossene Verträge widerrufen – binnen 14 Tagen und ohne Begründung.
- Notieren Sie Gesprächsinhalte und bewahren Sie Mails auf – das kann im Streitfall hilfreich sein.
- Wenden Sie sich an Verbraucherzentralen oder Rechtsanwälte, wenn Sie unsicher sind.