BFH: Umzug zur erstmaligen Einrichtung eines Arbeitszimmers ist privat motiviert
Viele haben in der Pandemie ihr Zuhause zum Arbeitsplatz gemacht – manche sogar mit einem kompletten Umzug. Doch wer dabei dachte, die Umzugskosten als Werbungskosten absetzen zu können, erlebt jetzt eine böse Überraschung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 5. Februar 2025 klargestellt, dass solche Umzugskosten nicht steuerlich abziehbar sind (Az. VI R 3/23). Damit hat das höchste deutsche Steuergericht eine wichtige Leitentscheidung zur Abgrenzung von privater und beruflicher Sphäre getroffen – mit Folgen für Millionen Steuerpflichtige.
Der Fall: Familie zieht wegen Homeoffice in größere Wohnung
Ein Ehepaar aus Hamburg lebte mit Kind in einer kleinen Dreizimmerwohnung. Als die Corona-Pandemie 2020 das Homeoffice zur Regel machte, mussten beide Eltern von zu Hause arbeiten. Ein separates Arbeitszimmer stand nicht zur Verfügung – also wurde der Esstisch zur Schaltzentrale für zwei berufstätige Erwachsene. Bald war klar: Das reicht auf Dauer nicht. Die Familie entschied sich, in eine deutlich größere Wohnung umzuziehen – mit gleich zwei eigenen Arbeitszimmern.
Den damit verbundenen Umzug betrachteten die Eheleute als beruflich veranlasst. Sie machten die Umzugskosten – immerhin mehrere Tausend Euro – als Werbungskosten geltend. Doch das Finanzamt spielte nicht mit. Die Sache landete vor dem Finanzgericht Hamburg, das die Aufwendungen zunächst als abziehbar einstufte. Doch das letzte Wort hatte der BFH.
Die Entscheidung: Kein Werbungskostenabzug bei erstmaligem Arbeitszimmer
Der BFH stellte sich gegen die Vorinstanz: Die Umzugskosten seien nicht als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar. Begründung: Es handle sich nicht um Aufwendungen mit „objektiv erkennbar beruflichem Zusammenhang“. Vielmehr diene der Umzug der erstmaligen Schaffung eines Arbeitszimmers – und das sei eine private Entscheidung, auch wenn sie durch die berufliche Tätigkeit motiviert sei.
Besonders deutlich formulierte das Gericht: Die Aufwendungen dienten nicht der Fortsetzung, sondern der Verbesserung der Wohn- und Arbeitssituation. Das genüge nicht für den Werbungskostenabzug. Es sei auch nicht vergleichbar mit Umzügen, die aufgrund eines Arbeitsplatzwechsels oder einer Versetzung erfolgen – dort könne der berufliche Zusammenhang klar bewiesen werden. Bei einem Umzug „im eigenen Interesse“ bleibe es hingegen bei einem privaten Motiv.
Abgrenzung zu sonstigen Umzugskosten: Was ist noch möglich?
Interessant ist, dass der BFH die Tür für steuerlich abziehbare Umzugskosten nicht vollständig verschließt – aber klare Bedingungen stellt. Wer umzieht, weil er z. B. versetzt wird, näher an seinen Arbeitsort heranrückt oder die tägliche Pendelzeit signifikant reduziert, kann weiterhin mit einem Werbungskostenabzug rechnen. Auch wenn der Arbeitgeber den Umzug explizit verlangt oder bezahlt, kann dies steuerlich relevant sein.
Nicht abziehbar sind jedoch Umzugskosten, wenn der einzige Anlass der Wunsch ist, ein häusliches Arbeitszimmer zu schaffen – selbst wenn dieses später alle Voraussetzungen für einen Kostenabzug erfüllt (z. B. Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit).
Praktische Folgen für Arbeitnehmer und Selbstständige
Die Entscheidung hat erhebliche Tragweite: Zahlreiche Steuerpflichtige, die in den letzten Jahren ihre Wohnverhältnisse „Homeoffice-gerecht“ umgestaltet haben, müssen nun genau prüfen, welche Kosten sie überhaupt noch geltend machen können. Wer glaubt, dass ein größeres Wohnzimmer, ein schnelleres Internet oder der neue Bürostuhl automatisch abzugsfähig sind, irrt in vielen Fällen. Die Finanzverwaltung prüft seit Jahren sehr genau, ob es sich um beruflich veranlasste oder privat motivierte Kosten handelt.
Besonders heikel ist die Situation für Selbstständige, die Räume in der eigenen Wohnung für betriebliche Zwecke nutzen. Zwar gelten hier teils andere Regelungen als für Arbeitnehmer – doch auch für sie ist der private Mitveranlassungsanteil bei der Schaffung neuer Räumlichkeiten regelmäßig nicht abziehbar.
Was der BFH nicht entschieden hat – aber mitschwingt
Zwischen den Zeilen macht der BFH klar: Wer von zu Hause arbeiten will, trägt das finanzielle Risiko weitgehend selbst. Die Steuer darf nicht zum Instrument gemacht werden, um persönliche Wohnwünsche oder pandemiebedingte Improvisationen im Nachhinein steuerlich zu refinanzieren.
Das Urteil zeigt einmal mehr, wie schwierig die Trennung von beruflicher und privater Sphäre in Zeiten des Homeoffice ist. Die Maßgaben des BFH setzen der steuerlichen Kreativität enge Grenzen – auch dann, wenn das Homeoffice dauerhaft ist.
Tipps der Redaktion
- Überprüfe genau, ob deine Umzugskosten tatsächlich beruflich veranlasst sind – etwa durch eine Versetzung, eine neue Arbeitsstelle oder explizite Anforderungen deines Arbeitgebers.
- Die bloße Verbesserung der Wohnsituation – auch zur Schaffung eines Arbeitszimmers – reicht nicht aus.
- Ein häusliches Arbeitszimmer kann nur dann steuerlich geltend gemacht werden, wenn es tatsächlich den Mittelpunkt der gesamten beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit darstellt – und muss zudem abgeschlossen, ausschließlich beruflich genutzt und eingerichtet sein.
- Wer seinen Wohnsitz privat vergrößert oder modernisiert, sollte keine steuerliche Entlastung erwarten – auch nicht anteilig.
- Ziehe bei Unsicherheiten frühzeitig steuerliche Beratung hinzu, um spätere böse Überraschungen bei einer Betriebsprüfung zu vermeiden.