Leitsatz:
Wer Preisermäßigungen im Handel bewerben will, muss sich am niedrigsten Preis der letzten 30 Tage orientieren – eine Reduzierung gegenüber einem zwischenzeitlich höheren Preis ist irreführend und nach § 11 Abs. 1 PAngV unzulässig.
Warum das Urteil Signalwirkung hat
Rabatte im Supermarkt – das klingt nach Schnäppchen und Ersparnis. Doch was, wenn die Sonderangebote gar keine sind? Das Landgericht Düsseldorf hat Aldi Süd jetzt ein echtes Warnsignal verpasst. Denn die beliebten Preis-Highlights bei Lebensmitteln wie Bananen verstoßen gegen geltendes Recht. Die Preisangabenverordnung ist strikt – und Aldi hat sie verletzt.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat sich durchgesetzt – und das mit Rückenwind aus Luxemburg: Der Europäische Gerichtshof hatte bereits im Vorfeld klare Maßstäbe gesetzt, wie Preisermäßigungen korrekt beworben werden müssen. In dem konkreten Fall warb Aldi Süd mit einem angeblichen Rabatt von 23 % auf Bananen – von 1,69 € auf 1,29 €. Nur: Drei Wochen zuvor kosteten sie bereits 1,29 €. Für das Landgericht Düsseldorf war klar: Das ist irreführend und damit unzulässig.
Beweis: Urteil des LG Düsseldorf vom 31.10.2024, Az. 38 O 182/22
Beweis: EuGH, Urteil vom 26.09.2024, Az. C-330/23
Die rechtliche Tragweite des Urteils
§ 11 PAngV: Was wirklich zählt, ist der 30-Tage-Bestpreis
Das Landgericht Düsseldorf hat Aldi verurteilt, bestimmte Werbeformen künftig zu unterlassen – unter Androhung von Ordnungsmitteln. Konkret verboten ist es, mit prozentualen Rabatten zu werben, wenn sich diese nicht auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen. Ebenso untersagt ist es, einen neuen Preis als „Preis-Highlight“ zu deklarieren, wenn dieser nicht tatsächlich günstiger ist als der historische 30-Tage-Tiefpreis.
Dabei stützt sich das Gericht ausdrücklich auf die unionsrechtskonforme Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof. Dieser hatte klargestellt, dass Verbraucher bei Sonderangeboten nicht durch fantasievolle Rabatte getäuscht werden dürfen. Der Blick zurück auf die reale Preisentwicklung ist Pflicht – alles andere sei eine unlautere Irreführung im Sinne des § 5 UWG.
Was Händler jetzt dringend beachten müssen
Verbotene Werbeformen: Was jetzt rechtlich nicht mehr geht
Der Beschluss des LG Düsseldorf trifft nicht nur Aldi – sondern stellt eine generelle Leitlinie für den gesamten Lebensmitteleinzelhandel dar. Auch andere Ketten müssen ihre Rabattwerbung anpassen, wenn sie nicht rechtlich angreifbar sein wollen. Der Hinweis „-23 %“ ist nur dann erlaubt, wenn der aktuelle Preis tatsächlich 23 % unter dem niedrigsten der letzten 30 Tage liegt. Wer „Highlight“-Preise ausruft, obwohl die Ware kürzlich billiger war, handelt rechtswidrig.
Auch kleinere Händler, Wochenmärkte und Online-Shops, die mit prozentualen Ermäßigungen werben, müssen ihre Preisverläufe sorgfältig dokumentieren. Verbraucherschützer werden hier künftig genauer hinschauen – und das Risiko von Abmahnungen steigt erheblich.
Warum Verbraucher durch das Urteil gestärkt werden
Für Kundinnen und Kunden bedeutet die Entscheidung mehr Klarheit und Transparenz. Kein irreführendes „Sonderangebot“ mehr, das in Wirklichkeit gar keines ist. Die Regel: Der beworbene Preis muss niedriger sein als der niedrigste Preis der vergangenen 30 Tage – Punkt. Verbraucher können sich künftig besser darauf verlassen, dass ein Rabatt auch wirklich ein Rabatt ist.
Tipps der Redaktion
- Für Verbraucher: Achte beim Einkaufen auf die Art der Preisangabe. Wenn Rabatte besonders plakativ erscheinen, lohnt sich ein zweiter Blick – vor allem bei Produkten, die du regelmäßig kaufst.
- Für Händler: Prüfe alle Werbepreise auf ihre 30-Tage-Historie. Halte dokumentiert fest, wann welche Preise galten. Passe Prospekte und Online-Angebote rechtzeitig an, um Abmahnungen zu vermeiden.
- Für Plattformbetreiber und Marktplätze: Weist eure Anbieter aktiv auf die Einhaltung der neuen Preisvorgaben hin – insbesondere bei Aktionsangeboten oder Countdown-Rabatten.
- Für Kanzleien und Rechtsabteilungen: Nutzt das Urteil, um Schulungen im Vertrieb und Marketing zu aktualisieren. Die PAngV ist kein „Nice-to-have“, sondern wettbewerbsrechtlich scharf geschaltet.
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Häufige Fragen zum Urteil gegen Aldi Süd und zur Preisangabenverordnung
Welche Vorschrift regelt die Zulässigkeit von Preisermäßigungen im Handel?
Die entscheidende Norm ist § 11 Abs. 1 der Preisangabenverordnung (PAngV). Sie verpflichtet Händler seit Mai 2022 dazu, bei Preisermäßigungen gegenüber Verbrauchern den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage vor der Senkung als Referenz anzugeben.
Warum war die Werbung von Aldi Süd unzulässig?
Aldi Süd warb mit einem Rabatt von 23 % auf Bananen, obwohl der reduzierte Preis bereits drei Wochen zuvor verlangt worden war. Der Rabatt bezog sich auf einen höheren Zwischenpreis und nicht auf den tatsächlichen 30-Tage-Tiefpreis – das ist irreführend und verstößt gegen § 11 PAngV.
Welche Rolle spielt der Europäische Gerichtshof in diesem Fall?
Der EuGH entschied am 26.09.2024 (Az. C-330/23), dass sich prozentuale Preisermäßigungen stets auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage vor der Preisreduzierung beziehen müssen. Diese Vorgabe ist für deutsche Gerichte verbindlich und wurde vom LG Düsseldorf umgesetzt.
Was hat das Landgericht Düsseldorf konkret verboten?
Das LG Düsseldorf hat Aldi Süd untersagt, mit prozentualen Preisermäßigungen zu werben, wenn diese nicht auf den tatsächlichen 30-Tage-Bestpreis bezogen sind. Auch die Bezeichnung eines Preises als „Preis-Highlight“ ist unzulässig, wenn dieser Preis nicht der niedrigste der letzten 30 Tage war.
Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen die PAngV?
Bei Verstößen drohen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen, gerichtliche Unterlassungsverfügungen und Ordnungsgelder. Zudem können Verbraucherschutzverbände auf Unterlassung klagen, wie im Fall der Verbraucherzentrale gegen Aldi Süd geschehen.
Ist das Urteil des LG Düsseldorf bereits rechtskräftig?
Nein, das Urteil ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig. Aldi Süd kann dagegen Berufung einlegen. Dennoch hat die Entscheidung bereits faktische Signalwirkung für die gesamte Branche, da sie auf europarechtlicher Grundlage beruht.
Was bedeutet das Urteil für Verbraucher im Alltag?
Verbraucher profitieren von mehr Transparenz und Verlässlichkeit bei Preisaktionen. Rabattangaben müssen künftig der realen Preisentwicklung entsprechen. Werbewirksame Preisversprechen ohne tatsächlichen Preisvorteil gehören damit der Vergangenheit an – sofern Händler sich an die neuen Spielregeln halten.