Sonntag, September 28, 2025

Jetzt ist Schluss mit versteckten Kosten: EuGH zwingt Legal Tech zu klarer Zahlungspflicht

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 30. Mai 2024 (C-400/22) entschieden, dass Legal-Tech-Anbieter bereits beim Bestellbutton über eine mögliche Zahlungspflicht informieren müssen, selbst wenn diese nur unter einer Bedingung eintritt. Dies betrifft auch erfolgreiche Mietrechtsportale wie Conny. Verbraucher müssen künftig klar über Kosten informiert sein, und zwar schon beim Klick. Das Urteil hat Auswirkungen auf § 312j BGB und stellt die Weichen für mehr Transparenz im digitalen Rechtsdienstleistungsmarkt.

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Verbraucherschutz bei digitalen Rechtsdienstleistungen war bislang ein Graubereich – jetzt hat der Europäische Gerichtshof ein unmissverständliches Signal gesendet. Wer online eine rechtliche Dienstleistung beauftragt, muss schon beim Klick auf den Button eindeutig erkennen können, dass möglicherweise Kosten entstehen. Auch dann, wenn diese erst bei Erfolg des Dienstleisters fällig werden. Im Fokus: Der Mietrechtsdienstleister Conny und die Frage, wie transparent Legal-Tech-Angebote wirklich sein müssen. Was das Urteil bedeutet, warum es auch für § 312j BGB wichtig ist – und warum die Abtretung von Mieteransprüchen trotz formalen Fehlers trotzdem wirksam sein kann.

Der Fall Conny: Mietsenkung per Klick – aber ohne klaren Kostenhinweis?

Ein Mieter hatte die Plattform „Conny“, ehemals „wenigermiete.de“, beauftragt, gegen seinen Vermieter eine Mietsenkung durchzusetzen. Die Beauftragung erfolgte über einen Button auf der Website – beschriftet mit Formulierungen wie „Mietsenkung beauftragen“. Eine Vergütung war nur im Erfolgsfall vorgesehen. Dennoch hätte der Verbraucher im Fall des Obsiegens eine Provision zahlen müssen – auf dieser Grundlage war der Button nach Ansicht des LG Berlin rechtlich problematisch.

Denn der Verbraucher war beim Klick nicht ausreichend über eine potenzielle Zahlungspflicht informiert. Die Vermieterin griff das auf und wollte erreichen, dass die Abtretung der Mietansprüche an Conny für unwirksam erklärt wird – mit Verweis auf fehlende Transparenz beim Vertragsschluss. Das Landgericht Berlin legte den Fall dem EuGH vor. Und dieser machte kurzen Prozess.

Klare Worte aus Luxemburg: Zahlungspflicht muss unmissverständlich sein

Der EuGH entschied am 30. Mai 2024 (Az. C-400/22), dass bereits beim Online-Klick auf den Bestellbutton eine eindeutige Information über mögliche Zahlungsverpflichtungen notwendig ist – selbst wenn diese erst unter einer Bedingung eintreten, etwa dem Erfolg eines späteren Rechtsstreits. Geregelt ist dies in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2011/83/EU. Die Norm schreibt vor, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich seine Zustimmung zu einer Zahlungsverpflichtung erklären muss – und zwar unabhängig davon, ob diese sofort oder nur unter bestimmten Bedingungen eintritt.

Ein lapidarer Button ohne jeden Hinweis auf eine mögliche Zahlung reiche nicht aus – auch wenn es sich um ein Erfolgsvergütungsmodell handelt.

Relevanz für das deutsche Recht: § 312j BGB unter der Lupe

§ 312j Abs. 3 BGB verpflichtet Unternehmen dazu, beim elektronischen Geschäftsabschluss auf eine Zahlungspflicht hinzuweisen – der sogenannte „Button-Lösung“. Die deutsche Regelung fordert diesen Hinweis, wenn durch den Klick eine Verpflichtung zur Zahlung entsteht. Bisher war allerdings umstritten, ob dies auch bei aufschiebend bedingten Zahlungsverpflichtungen gilt – wie bei Legal-Tech-Modellen mit Erfolgshonorar.

Durch das EuGH-Urteil ist jetzt klar: Auch eine bedingte Zahlungspflicht unterliegt der Button-Hinweispflicht nach deutschem Recht, sofern dieses europarechtskonform ausgelegt wird. Der Unternehmer muss somit auf jeden denkbaren Zahlungstatbestand – auch bei Erfolgsmodellen – klar hinweisen.

Reaktion von Conny: Änderung in letzter Minute

Conny hat inzwischen reagiert. Der Bestellbutton ist nun klarer formuliert: „Entgeltpflichtig abschließen“. Auch in Fällen, in denen dem Kunden letztlich keine Kosten entstehen, ist die Information über potenzielle Vergütung nun transparent gestaltet. Ein Präzedenzfall, der Signalwirkung haben dürfte – nicht nur für Mietrechtsdienstleister, sondern für die gesamte Legal-Tech-Branche.

Kein Nachteil für den Verbraucher – kein Vorteil für den Vermieter

Für den beauftragenden Mieter hat das Ganze jedoch keine negativen Folgen. Der EuGH betonte, dass der Mieter zwar formal nicht wirksam an Conny gebunden sei – er könne jedoch jederzeit die Rechtsdienstleistung erneut bestätigen. In der Praxis bedeutet das: Die beauftragte Rechtsdurchsetzung bleibt möglich, auch wenn der Button nicht rechtskonform war.

Für die Vermieterin bedeutet das: Ihr Versuch, die Wirksamkeit der Forderungsabtretung zu torpedieren, dürfte scheitern. Ein formaler Mangel reicht nicht aus, wenn der Auftrag nachträglich bestätigt wird.

Tipps der Redaktion

Wenn du Legal-Tech-Angebote nutzt, lies nicht nur das Kleingedruckte – sondern achte vor allem auf die Beschriftung des Bestellbuttons. „Jetzt absenden“ oder „Beauftragen“ ohne Zusatz kann problematisch sein. Achte auf Formulierungen wie „Entgeltpflichtig bestellen“. Kommt dir ein Button zu vage vor, solltest du lieber vorher nachfragen oder dich rechtlich beraten lassen.

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