Wenn der Sport zur Gefahr wird – was Schwangere über ihr Sonderkündigungsrecht wissen müssen
Viele Fitnessstudios machen es werdenden Müttern schwer: Trotz Risikoschwangerschaft und ärztlichem Sportverbot verweigern sie die Vertragskündigung – mit Verweis auf eine „Vertragsruhe“. Doch genau das ist nicht rechtens, wie ein aktuelles Urteil des Landgerichts Freiburg vom 06. Februar 2025 (Az.: 3 S 124/23) zeigt. Die Entscheidung bringt Klarheit – und Rückendeckung für betroffene Verbraucherinnen.
Ausgangslage: Vertragspflichten trotz gesundheitlicher Risiken?
Im konkreten Fall wollte eine schwangere Frau ihren Fitnessstudiovertrag wegen einer ärztlich attestierten Risikoschwangerschaft außerordentlich kündigen. Der Gynäkologe hatte ein Sportverbot ausgesprochen – und damit war die Nutzung der Fitnessstudioleistungen objektiv unmöglich. Dennoch beharrte das Studio auf Vertragserfüllung. Alternativ wurde angeboten, den Vertrag „ruhen“ zu lassen – was allerdings eine spätere Laufzeitverlängerung zur Folge hätte.
Die Kundin verweigerte weitere Zahlungen in Höhe von wöchentlich 20,99 Euro – insgesamt 650,69 Euro. Das Fitnessstudio klagte. Und gewann zunächst: Das Amtsgericht gab dem Fitnessstudio recht. Doch die Berufung vor dem Landgericht Freiburg änderte alles.
Klare Ansage des Landgerichts: Außerordentliche Kündigung ist rechtens
Das LG Freiburg stellte unmissverständlich klar: Eine Risikoschwangerschaft samt Sportverbot stellt einen „wichtigen Grund“ im Sinne von § 314 Abs. 1 BGB dar. Die Kundin sei daher berechtigt gewesen, den Vertrag fristlos zu kündigen.
Zur Begründung führte das Gericht aus, dass eine gravierende Veränderung der Lebensumstände, die eine weitere Nutzung des Vertragsgegenstands unmöglich oder unzumutbar macht, das Sonderkündigungsrecht auslöst. Eine Risikoschwangerschaft mit ärztlich attestiertem Bewegungsverbot erfüllt genau diese Voraussetzung.
Die angebotene „Ruhendstellung“ des Vertrags – mit anschließender Laufzeitverlängerung – sei unzumutbar und verfehle den Kern des Kündigungsrechts. Ein pauschales Ruhen, das nur das Studio schützt und der Kundin keinerlei Nutzen bringt, sei kein adäquater Ausgleich. Es bestehe auch keine vertragliche Verpflichtung zur Annahme solcher Aussetzungen.
Warum dieses Urteil wichtig ist – und weit über den Einzelfall hinausgeht
Das Urteil schafft einen wichtigen Präzedenzfall. Es zeigt: Gesundheitliche Veränderungen – insbesondere Schwangerschaften mit Risiken – sind keine banalen Gründe, sondern rechtlich hochrelevante Faktoren. Gerade in Zeiten, in denen Fitnessstudios zunehmend standardisierte Verträge mit langen Laufzeiten anbieten, ist dieses Urteil ein starkes Zeichen zugunsten der Verbraucherrechte.
Dabei lässt sich der Gedanke weiterdenken: Auch andere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen wie Operationen, chronische Erkrankungen oder psychische Belastungen können – je nach Einzelfall – zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht führen. Maßgeblich ist stets die Frage: Ist die Vertragserfüllung für den Kunden noch zumutbar?
Tipps der Redaktion
- Sofort handeln: Sobald eine ärztlich bestätigte Risikoschwangerschaft oder ein Sportverbot vorliegt, sollte die außerordentliche Kündigung schriftlich erklärt und ein ärztliches Attest beigefügt werden.
- Vertragsklauseln genau prüfen: Viele Fitnessstudios bieten nur ein Ruhen des Vertrags an – das reicht nicht, wenn objektiv keine Nutzung mehr möglich ist.
- Nicht einschüchtern lassen: Auch wenn das Fitnessstudio auf Zahlung pocht – ein wichtiger Grund im Sinne von § 314 BGB steht über vertraglichen Klauseln.
- Rechtliche Beratung einholen: Im Zweifel kann ein spezialisierter Anwalt helfen, das Kündigungsschreiben korrekt zu formulieren und den Anspruch durchzusetzen.