Wenn andere schreiben – aber du haftest
Du betreibst eine Facebook-Seite, moderierst eine Telegram-Gruppe oder bist Admin eines Insta-Kanals. Alles läuft gut – bis plötzlich jemand unter deinem Beitrag andere Nutzer massiv beleidigt, bedroht oder gar verleumdet. Du selbst hast den Kommentar nicht geschrieben. Doch die Polizei oder ein Abmahnschreiben landet trotzdem bei dir. Warum? Weil du für fremde Inhalte verantwortlich gemacht werden kannst, wenn du sie nicht rechtzeitig löscht oder dich nicht klar distanzierst.
In Zeiten von digitalen Gemeinschaften, Kanälen und Kommentarsektionen ist es wichtiger denn je zu wissen: Wann haftest du für das, was andere sagen?
Was ist Störerhaftung – und wann greift sie?
Die sogenannte Störerhaftung ist ein zivilrechtliches Prinzip, wonach auch derjenige haftet, der zwar nicht selbst eine Rechtsverletzung begeht, aber dazu beiträgt oder sie duldet. Im Social-Media-Bereich bedeutet das:
Wer eine Plattform, ein Profil oder einen Kanal betreibt, trägt auch Verantwortung für dort erscheinende rechtswidrige Inhalte.
Dabei ist nicht entscheidend, ob du selbst gepostet hast – sondern, ob du den rechtswidrigen Inhalt nach Kenntnisnahme dulden oder nicht gelöscht hast.
Wann beginnt deine Verantwortung?
Sobald du von einem rechtswidrigen Kommentar Kenntnis erlangst – etwa durch eine Meldung, einen Hinweis, eine eigene Beobachtung –, bist du verpflichtet zu handeln.
Andernfalls machst du dir unter Umständen zivilrechtlich haftbar (z. B. auf Unterlassung oder Schadensersatz) – und in seltenen Fällen sogar strafrechtlich relevant, wenn du rechtswidrige Inhalte bewusst weiterverbreiten lässt.
Welche Inhalte sind problematisch?
Besonders häufig geht es um folgende Delikte:
- Beleidigung (§ 185 StGB)
- Verleumdung (§ 187 StGB)
- Volksverhetzung (§ 130 StGB)
- Bedrohung (§ 241 StGB)
- Hassrede und diskriminierende Äußerungen
- Aufruf zur Gewalt oder Strafhandlungen
Je schwerwiegender die Aussage, desto dringlicher deine Pflicht zum Einschreiten.
Was sagt die Rechtsprechung?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits 2011 entschieden, dass Plattformbetreiber unter bestimmten Voraussetzungen für Inhalte Dritter haften – insbesondere dann, wenn sie ihrer Prüfpflicht nach Kenntniserlangung nicht nachkommen.
BGH, Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10
Ein Forenbetreiber haftet auf Unterlassung, wenn er nach Hinweis auf eine ehrverletzende Äußerung den Beitrag nicht löscht oder überprüft.
Auch 2022 hat der BGH klargestellt, dass Admins von Social-Media-Kanälen Inhalte nach Bekanntwerden einer potenziellen Rechtsverletzung prüfen und ggf. entfernen müssen.
Was bedeutet das für Gruppenadmins und Seitenbetreiber?
Du musst nicht alles überwachen – aber:
- Du musst reagieren, wenn du von einem rechtswidrigen Inhalt erfährst
- Du musst Beiträge löschen oder zumindest klar distanzieren
- Du darfst keine Kommentare aktiv bewerben oder hervorheben, wenn sie rechtswidrig sind
- Du solltest ggf. Nutzer sperren oder melden, wenn Wiederholungsgefahr besteht
Je professioneller dein Account auftritt, desto höher werden deine Pflichten bewertet.
Wie schützt du dich präventiv?
- Lege klare Nutzungsregeln für dein Profil oder deine Gruppe fest
- Reagiere schnell und transparent auf Hinweise oder Beschwerden
- Dokumentiere deine Lösch- oder Prüfmaßnahmen
- Nutze Filter, Moderationsfunktionen und Auto-Moderation
- Führe ggf. ein internes Meldeverfahren ein (z. B. per Mail oder Formular)
Tipps der Redaktion
Wenn du eine Plattform betreibst, trägst du auch Verantwortung für das, was dort passiert. Du musst keine 24/7-Überwachung leisten – aber du musst reagieren, wenn etwas eskaliert. Am besten: Klare Regeln, gute Moderation, konsequente Löschung. Und: Wenn du betroffen bist, zögere nicht – sichere Beweise und hole dir rechtliche Unterstützung.