Sonntag, September 28, 2025

Agentic AI im Praxistest: Sicherheit, Haftung, Rechte

Agentic AI übernimmt immer häufiger selbstständige Aufgaben – doch wer haftet, wenn Fehler passieren? In diesem Artikel erfährst du, wie du dich vor rechtlichen Risiken schützt, welche neuen Pflichten durch den EU AI Act entstehen und worauf es beim Einsatz autonomer Systeme wirklich ankommt. Klar, verständlich, rechtlich fundiert.

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Darum geht’s in diesem Artikel – Was erwartet dich?

Stell dir vor, eine Künstliche Intelligenz bucht selbstständig deinen Flug, bestellt Büromaterial und reagiert automatisch auf E-Mails – ganz ohne dein Zutun. Willkommen in der Welt der Agentic AI. Diese neue Generation KI-Systeme handelt nicht mehr nur auf Befehl, sondern verfolgt eigene Ziele innerhalb gesetzter Parameter. Klingt effizient, oder? Aber was passiert, wenn etwas schiefgeht? Wer haftet, wenn dein KI-Agent falsche Entscheidungen trifft? Und was sagt das Recht dazu?

In diesem Artikel erfährst du, was Agentic AI wirklich bedeutet, wie sie in der Praxis funktioniert – und welche rechtlichen Risiken sich daraus ergeben. Wir erklären, warum diese Systeme mehr sind als nur ein smarter Assistent, und zeigen, wo sie heute schon eingesetzt werden. Außerdem bekommst du eine klare Einschätzung, wie du dich als Nutzer oder Unternehmer rechtlich absichern kannst. Denn eines ist sicher: Agentic AI ist keine Spielerei, sondern der nächste große Technologiesprung – mit enormem Potenzial, aber auch neuen Gefahren.

Was ist Agentic AI eigentlich genau?

Agentic AI bezeichnet KI-Systeme, die in der Lage sind, autonome Aktionen durchzuführen, Ziele zu verfolgen und Entscheidungen im Sinne des Nutzers zu treffen, ohne jede Einzelschrittanweisung. Im Gegensatz zu klassischen Sprachmodellen oder Chatbots folgt Agentic AI nicht bloß auf Kommando, sondern handelt im Rahmen einer Zielvorgabe eigenverantwortlich. Typische Anwendungen: automatisierter Einkauf, Kalenderverwaltung, Vertragsverhandlungen oder sogar Programmierung anderer Systeme.

Beispiel: Du gibst deiner Agentic AI den Auftrag, eine Dienstreise zu organisieren. Sie vergleicht Angebote, bucht Flüge, reserviert Hotels, erstellt Terminpläne – alles selbstständig. Das spart Zeit, steigert Effizienz und entlastet Mitarbeitende. Doch es entstehen neue Risiken: Datenpannen, Fehlbuchungen, Vertragsverstöße.

Juristische Einordnung: Wer haftet für KI-Agenten?

Der rechtliche Status von Agentic AI ist derzeit unklar. Laut geltendem Recht bleibt das KI-System ein Werkzeug. Das heißt: Die Verantwortung trägt weiterhin der Mensch bzw. das Unternehmen, das es einsetzt. Auch wenn die KI „selbst“ entscheidet, haftet am Ende derjenige, der sie programmiert, betreibt oder einsetzt.

Das wird besonders heikel, wenn der Schaden außerhalb des Erwartbaren liegt. Beispiel: Ein KI-Agent schließt einen Vertrag ab, der sich als unzulässig oder geschäftsschädigend erweist. Hier gilt nach derzeitiger Rechtsauffassung (vgl. LG Frankfurt a. M., Urteil vom 23.03.2023 – 2-01 O 428/22): Wer die Technik einsetzt, muss für ihre Folgen einstehen. Dabei kommt es nicht auf den Grad der Autonomie an, sondern auf die Organisationsverantwortung.

Der neue EU AI Act (verabschiedet 2024) legt in Art. 28 besondere Pflichten für Hochrisiko-KI fest, darunter auch für Agentic Systems. Dazu gehören: Dokumentationspflichten, Risikoanalysen, menschliche Kontrollmöglichkeiten. Trotzdem bleibt vieles offen: Was passiert, wenn die KI in Echtzeit Entscheidungen trifft, die weder vorhergesehen noch verhindert werden konnten?

Typische Risiken in der Praxis

Die größten rechtlichen Risiken ergeben sich bei fehlerhaften Entscheidungen, Datenmissbrauch und automatisierten Vertragsabschlüssen. Wenn etwa ein Agent eigenmächtig Abos abschließt oder gegen Datenschutzvorgaben verstößt, drohen nicht nur finanzielle Verluste, sondern auch Bußgelder.

Auch die Beweislast ist ein Problem: Wie weist man nach, wer für den Fehler verantwortlich ist – die KI, der Betreiber oder der Nutzer?

Gerade für KMU und Selbstständige, die KI-Agenten einsetzen, ist es wichtig, klare Protokolle, Logging-Systeme und rechtssichere Schnittstellen zu nutzen. Ohne Nachvollziehbarkeit wird es schwierig, sich bei Haftungsfragen zu verteidigen.

Rechtliche Absicherung: Was jetzt wichtig ist

Wer Agentic AI einsetzt, sollte vor allem auf zwei Dinge achten: Transparenz und Kontrolle. Alle Entscheidungen der KI müssen nachvollziehbar sein. Darüber hinaus sollten Verträge und AGB so gestaltet sein, dass Haftungslücken geschlossen werden.

Unternehmen sollten interne Richtlinien für den Umgang mit autonomer KI definieren. Dazu gehören auch ethische Leitplanken, etwa: Welche Entscheidungen darf die KI treffen – und welche nicht? Auch eine Versicherung gegen KI-bedingte Risiken kann sinnvoll sein.

Wichtig: Sobald Agentic AI im Kundenkontakt eingesetzt wird, greifen auch verbraucherschutzrechtliche Vorgaben. Diese beinhalten Aufklärungspflichten, Widerrufsrechte und Regelungen zur automatisierten Entscheidungsfindung (vgl. Art. 22 DSGVO).

Tipps der Redaktion

Agentic AI ist faszinierend – aber auch risikobehaftet. Wer sie nutzt, braucht klare Regeln und juristisches Bewusstsein.

✅ Behalte die Kontrolle über alle Entscheidungen der KI
✅ Dokumentiere Prozesse, Protokolle und Eingriffe
✅ Setze klare Grenzen für die Autonomie deiner KI-Systeme
✅ Sichere dich rechtlich durch angepasste AGB und interne Richtlinien ab
✅ Hilfe findest du auch jederzeit auf unserer Hauptseite:

https://lexpilot.onepage.me

Experteneinschätzung

„Agentic AI ist keine ferne Vision mehr, sondern gelebte Realität in immer mehr Bereichen – vom digitalen Einkauf bis zur automatisierten Kundenkommunikation. Als Rechtsanwalt beobachte ich die Entwicklung mit Spannung und auch mit Sorge. Denn obwohl diese Systeme hochgradig autonom agieren, gibt es bislang keine klare juristische Personifizierung. Sie bleiben Werkzeuge – mit allen haftungsrechtlichen Konsequenzen für den Menschen dahinter.

Besonders problematisch ist die Illusion von Kontrolle: Unternehmen glauben oft, sie hätten durch initiale Zielvorgaben genug geregelt. Doch Agentic AI trifft Entscheidungen dynamisch, situationsabhängig und manchmal unter Einflüssen, die weder vollständig bekannt noch steuerbar sind. Wenn so ein System dann Verträge abschließt oder personenbezogene Daten verarbeitet, bewegt man sich juristisch in einem unsicheren Feld.

Der EU AI Act schafft zwar erstmals einheitliche Standards für Hochrisiko-KI, doch viele zentrale Fragen – etwa zur deliktischen Haftung bei autonomen Fehlentscheidungen – bleiben ungelöst. Das aktuelle Rechtssystem setzt auf menschliche Handlung, Verantwortung und Verschulden. Doch was, wenn diese Kategorien bei Agentic AI nicht mehr greifen?

Mein Rat an Unternehmen: Schafft klare Regeln, definiert erlaubte Anwendungsbereiche und implementiert technische Kontrollmechanismen. Wer blind auf autonome Systeme setzt, handelt grob fahrlässig. Und für Verbraucher gilt: Verlasst euch nicht blind auf KI-Entscheidungen – prüft, hinterfragt, widersprecht, wenn nötig. Die Technik ist da – das Recht muss dringend nachziehen.“

Björn Kasper, Rechtsanwalt

FAQ – Die 7 wichtigsten Fragen zum Thema

Was ist Agentic AI und wie unterscheidet sie sich von herkömmlicher KI?

Agentic AI ist eine Form künstlicher Intelligenz, die nicht nur auf direkte Eingaben reagiert, sondern selbstständig Entscheidungen auf Basis vorgegebener Ziele trifft. Im Unterschied zu klassischen KI-Anwendungen handelt sie proaktiv, plant Handlungen und kann komplexe Aufgabenketten ausführen. Der große Unterschied liegt in der Eigeninitiative – Agentic AI führt nicht nur Befehle aus, sie agiert wie ein digitaler Assistent mit eigener Zielverfolgung.

Wer haftet, wenn Agentic AI Fehler macht?

Nach aktueller Rechtslage haften die Betreiber, Entwickler oder Nutzer der Agentic AI, nicht das System selbst. Obwohl die KI autonome Entscheidungen trifft, bleibt sie juristisch ein Werkzeug. Damit liegt die Verantwortung beim Menschen – insbesondere wenn es um Schäden durch Fehlbuchungen, Datenschutzverstöße oder ungewollte Verträge geht. Rechtssicherheit entsteht erst durch klare Zuständigkeiten, gute Dokumentation und vertragliche Absicherung.

Was regelt der EU AI Act in Bezug auf Agentic AI?

Der EU AI Act definiert erstmals rechtliche Rahmenbedingungen für Hochrisiko-KI, darunter auch für Agentic Systeme. Er fordert Transparenz, Risikobewertungen und menschliche Kontrollmechanismen. Besonders relevant für Unternehmen: Sie müssen technische und organisatorische Maßnahmen nachweisen, um autonome Systeme sicher und rechtskonform einzusetzen. Verstöße können zu empfindlichen Sanktionen führen, insbesondere im Bereich Datenschutz und Verbraucherschutz.

Welche Branchen nutzen Agentic AI bereits?

Besonders verbreitet ist Agentic AI im E-Commerce, bei virtuellen Assistenten, in der Terminplanung, beim Vertragswesen sowie in der Softwareentwicklung. Auch in der Finanzwelt, bei Reisebuchungen oder im Kundenservice kommt sie zunehmend zum Einsatz. Unternehmen setzen sie ein, um Prozesse zu automatisieren und menschliche Arbeitskraft zu entlasten – doch die Verantwortung bleibt in menschlicher Hand.

Gibt es verbraucherrechtliche Vorschriften für den Einsatz solcher Systeme?

Ja, sobald Agentic AI im direkten Kontakt mit Verbrauchern steht, gelten Aufklärungspflichten, Datenschutzregeln und Informationsrechte. Automatisierte Entscheidungen dürfen nicht ohne menschliche Überprüfung erfolgen, wenn sie erhebliche Auswirkungen haben (Art. 22 DSGVO). Außerdem sind Unternehmen verpflichtet, transparent zu machen, dass es sich um ein KI-System handelt – und wie dieses Entscheidungen trifft.

Wie kann ich mich als Unternehmen absichern?

Unternehmen sollten klare interne Richtlinien für den KI-Einsatz erstellen, Verantwortlichkeiten definieren und technische Kontrollsysteme etablieren. Wichtig ist auch eine präzise Vertragsgestaltung – etwa in AGB, Auftragsverarbeitungsverträgen und Nutzungsbedingungen. Zusätzlich empfehlen sich KI-spezifische Versicherungen, etwa zur Absicherung von Haftungsfällen durch Fehlentscheidungen oder Datenpannen.

Welche Risiken bestehen für Nutzer im Alltag?

Für Nutzer kann Agentic AI zur Komfortfalle werden: Wenn Systeme eigenständig handeln, verliert man schnell die Übersicht. Das Risiko besteht vor allem darin, dass unbemerkt Verträge abgeschlossen oder sensible Daten verarbeitet werden. Daher ist es wichtig, sich über die Funktionen und Grenzen der eingesetzten Systeme zu informieren, Kontrollfunktionen zu nutzen und sensible Entscheidungen stets selbst zu prüfen.

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