Die neuesten Urteile – und was sie für dein Verfahren bedeuten
Die Verbraucherinsolvenz hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Die Drei-Jahres-Frist, neue Regeln zur Restschuldbefreiung, Pflichten für Schuldner – all das wurde gesetzlich angepasst. Aber nicht nur der Gesetzgeber hat das Verfahren beeinflusst. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinen Urteilen wichtige Klarstellungen und Weichenstellungen geliefert – viele davon mit direkten Auswirkungen für betroffene Verbraucher.
In diesem Artikel erfährst du, welche aktuellen Entscheidungen des BGH zur Verbraucherinsolvenz im Jahr 2025 wichtig sind, wie sie sich auf dein laufendes oder geplantes Verfahren auswirken, und was du tun musst, um Fehler und böse Überraschungen zu vermeiden.
1. Keine Restschuldbefreiung bei wiederholtem Fehlverhalten
BGH, Beschluss vom 12.01.2024 – IX ZB 19/23
Der BGH hat entschieden, dass Schuldner, die bereits in einem früheren Insolvenzverfahren wegen Obliegenheitsverstößen keine Restschuldbefreiung erhalten haben, in einem neuen Verfahren besonders streng geprüft werden.
Wichtig: Wer zum wiederholten Mal Insolvenz anmeldet, muss vollständig und transparent offenlegen, was im alten Verfahren schiefgelaufen ist – sonst droht erneut die Versagung.
Folge für Betroffene: Bei einer zweiten Insolvenz unbedingt anwaltliche Beratung einholen und das alte Verfahren sauber aufarbeiten.
2. P-Konto: Banken dürfen keine überzogenen Gebühren verlangen
BGH, Urteil vom 30.03.2023 – XI ZR 166/22
Der BGH hat klargestellt: Für die Führung eines P-Kontos dürfen Banken keine höheren Kontoführungsgebühren verlangen als für ein normales Girokonto.
Zahlreiche Banken hatten jahrelang Zusatzentgelte erhoben – unzulässig!
Tipp: Prüfe deine Kontoauszüge. Wer in den letzten drei Jahren zu hohe Gebühren gezahlt hat, kann Rückerstattung verlangen – notfalls per Musterbrief oder Klage.
3. Restschuldbefreiung trotz Nullzahlung möglich
BGH, Beschluss vom 19.06.2023 – IX ZB 44/22
Der BGH bestätigt: Auch wenn der Schuldner keine einzige Zahlung leisten kann, ist die Restschuldbefreiung nach drei Jahren möglich – sofern alle Mitwirkungspflichten erfüllt wurden.
Fazit: Die Insolvenz ist kein „Sparmodell“, sondern ein Verhaltensmodell. Ehrliches Verhalten wird belohnt – Rückzahlung ist nicht zwingend.
4. Versagung der Restschuldbefreiung bei Bagatellschulden? Nicht automatisch!
BGH, Beschluss vom 21.08.2023 – IX ZB 3/23
Der Versuch, neue Kredite aufzunehmen oder kleinere Schulden nach Verfahrenseröffnung zu machen, ist nicht automatisch ein Grund zur Restschuldbefreiungsversagung.
ABER: Wenn du Gläubiger bewusst täuschst, sieht das anders aus.
Tipp: Immer offen mit dem Insolvenzverwalter kommunizieren, keine neuen Schulden ohne Rücksprache eingehen.
5. Pfändung von Stromguthaben: Einschränkungen bestätigt
BGH, Urteil vom 24.10.2023 – IX ZR 78/22
Ein Stromguthaben darf nicht ohne weiteres gepfändet werden, wenn es aus einem existenzsichernden Leistungsbezug stammt – z. B. bei ALG II oder Sozialhilfe.
Tipp: Im Fall einer Pfändung von Guthaben unbedingt Antrag auf Freigabe stellen (§ 850k ZPO) und auf den Ursprung des Geldes hinweisen.
Fazit: Der BGH stärkt die Rechte der Verbraucher – aber auch die Pflicht zur Transparenz
Die Urteile des BGH der letzten Jahre zeigen deutlich:
- Die Verbraucherinsolvenz bleibt ein rechtssicherer Weg zur Schuldenfreiheit,
- aber nur bei vollständiger Offenheit und Mitwirkung,
- und nur, wenn du deine Rechte auch kennst und nutzt.
Wer professionell begleitet wird, hat die besseren Karten – denn oft entscheiden Details und Fristen, ob dein Verfahren erfolgreich endet oder scheitert.
Tipps der Redaktion
Gerichte urteilen strenger – und zugleich verbraucherfreundlicher. Wer ehrlich und informiert ist, bekommt seine zweite Chance. Aber nur, wer seine Pflichten kennt und frühzeitig reagiert, kann sie auch nutzen. Die wichtigsten Urteile solltest du kennen – und du solltest wissen, wie du sie für dich anwendest. Lass dich beraten, nutze deine Rechte – und überlass die juristische Unsicherheit nicht dem Zufall.