Montag, September 29, 2025

Sorgerecht im Trennungsfall – Wer entscheidet was für das Kind?

Sorgerecht nach der Trennung: Wer entscheidet über Schule, Gesundheit und Wohnort des Kindes? Erfahre, wann das gemeinsame Sorgerecht bleibt, wie du das alleinige beantragen kannst und welche Regeln bei Streit gelten – klar erklärt von LexPilot.

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Darum geht’s in diesem Artikel – Was erwartet dich?

Eine Trennung ist immer eine Zäsur – für Paare, aber vor allem für Kinder. Während sich die Erwachsenen neu orientieren, stellt sich oft die Frage: Wer darf künftig für das Kind entscheiden? Wer trifft Entscheidungen über Schule, Arztbesuche, Reisen, Religion oder den Wohnort? Und was passiert, wenn sich Eltern nicht einigen können?

Im Zentrum dieser Fragen steht das Sorgerecht. Viele denken, dass es mit der Trennung automatisch verändert wird – oder dass ein Elternteil „das alleinige Sorgerecht“ bekommt. Doch so einfach ist es nicht. Denn grundsätzlich bleibt die gemeinsame elterliche Sorge auch nach der Trennung bestehen – es sei denn, ein Gericht entscheidet etwas anderes.

In diesem Artikel erfährst du, wie das Sorgerecht im deutschen Familienrecht geregelt ist, welche Rechte und Pflichten damit verbunden sind, und wann eine Änderung möglich oder sogar notwendig ist. Wir erklären dir, was das alleinige Sorgerecht bedeutet, wie du es beantragen kannst und was das Gericht prüft. Du erfährst, was bei gemeinsamen Entscheidungen wichtig ist, welche typischen Streitpunkte es gibt – und wie du sie fair und rechtssicher lösen kannst.

Was bedeutet elterliche Sorge?

Die elterliche Sorge umfasst alle Rechte und Pflichten der Eltern zur Pflege und Erziehung ihres Kindes (§ 1626 BGB). Dazu gehören insbesondere:

  • die Personensorge (z. B. Aufenthaltsbestimmung, Gesundheit, Schule, Erziehung)
  • die Vermögenssorge (z. B. Verwaltung von Sparguthaben, Unterhaltsansprüchen)
  • das Recht zur Vertretung des Kindes in rechtlichen Angelegenheiten

Eltern haben die elterliche Sorge grundsätzlich gemeinsam – unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder nicht. Auch nach einer Trennung oder Scheidung bleibt die gemeinsame Sorge bestehen, solange sie nicht durch Gerichtsbeschluss aufgehoben oder eingeschränkt wird.

Gemeinsames oder alleiniges Sorgerecht?

Gemeinsames Sorgerecht – der Regelfall

Nach einer Trennung behalten die Eltern in der Regel das gemeinsame Sorgerecht. Das bedeutet: Alle wichtigen Entscheidungen müssen gemeinsam getroffen werden – zum Beispiel über den Wohnort, die Schule, medizinische Behandlungen, das religiöse Umfeld oder das Einverständnis zu Reisen ins Ausland.

Im Alltag kann jedes Elternteil jedoch für das Kind entscheiden, solange es um alltägliche Angelegenheiten geht – z. B. Essenszeiten, Kleidung oder Hobbys. Hier gilt das sogenannte Alleinentscheidungsrecht im Alltag (§ 1687 BGB).

Alleiniges Sorgerecht – Ausnahme mit Begründung

Will ein Elternteil das alleinige Sorgerecht beantragen, muss er einen Antrag auf Sorgerechtsübertragung beim Familiengericht stellen (§ 1671 BGB). Das Gericht prüft dann, ob die Aufhebung der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl am besten entspricht.

Mögliche Gründe für eine solche Übertragung sind:

  • anhaltende und schwere Kommunikationsstörungen
  • konkrete Gefährdung des Kindeswohls
  • Verweigerung der Mitwirkung durch einen Elternteil
  • schwerwiegende persönliche oder gesundheitliche Einschränkungen

Ein Beispiel aus der Praxis: Das OLG Stuttgart entschied im Beschluss vom 24.04.2024 (Az. 16 UF 63/24), dass das Sorgerecht allein der Mutter übertragen wurde, weil der Vater systematisch jede Zusammenarbeit verweigerte – auch bei medizinischen Notfällen.

Was tun bei Streit über einzelne Entscheidungen?

Entscheidungsübertragung durch das Gericht

Können sich die Eltern in einer bestimmten Angelegenheit nicht einigen – etwa über eine Schulwahl oder einen Impftermin –, können sie beim Familiengericht die Übertragung der Entscheidungsbefugnis in einer Einzelfrage beantragen (§ 1628 BGB). Das Gericht prüft dann ausschließlich diese konkrete Frage – nicht das gesamte Sorgerecht.

Kindeswohl als Maßstab

Bei jeder Entscheidung steht das Kindeswohl im Mittelpunkt (§ 1697a BGB). Das bedeutet: Nicht das bessere Argument oder die größere Nähe zum Kind entscheidet – sondern die Lösung, die dem Kind langfristig Stabilität, Förderung und Sicherheit gibt.

Wichtig: Auch bei gemeinsamen Entscheidungen ist kein „Vetorecht“ vorgesehen – Blockadehaltung kann negativ bewertet werden und sogar zur teilweisen Sorgerechtsübertragung führen.

Wie wirkt sich das Sorgerecht auf den Alltag aus?

Schule und Ausbildung

Beide Eltern müssen wichtigen Schulentscheidungen zustimmen – etwa bei einem Schulwechsel, einer Einschulung oder bei außerschulischen Fördermaßnahmen. Wer das alleinige Sorgerecht hat, darf hier allein entscheiden – muss aber weiterhin zum Kindeswohl handeln.

Gesundheit und Arztbesuche

Notfallbehandlungen darf jeder Elternteil allein veranlassen. Geht es um planbare Eingriffe oder Impfungen, muss bei gemeinsamem Sorgerecht Einvernehmen bestehen. Bei tiefgreifenden Entscheidungen, etwa einer Psychotherapie, kann das Gericht bei Streit eine Entscheidung treffen.

Urlaub und Reisen

Urlaubsreisen ins Ausland setzen grundsätzlich die Zustimmung beider Eltern voraus – auch bei gemeinsamem Sorgerecht. Wer eigenmächtig mit dem Kind verreist, riskiert gerichtliche Konsequenzen.

Was passiert, wenn ein Elternteil ausfällt?

Wenn ein Elternteil verstirbt oder dauerhaft ausfällt, geht die elterliche Sorge in der Regel vollständig auf den anderen Elternteil über (§ 1680 BGB). Gibt es Bedenken gegen dessen Erziehungsfähigkeit, kann das Jugendamt oder das Gericht einschreiten und eine Vormundschaft anordnen.

Tipps der Redaktion

Das gemeinsame Sorgerecht verlangt Kommunikation – auch nach der Trennung. Wer nur noch über Anwälte spricht, gefährdet nicht nur die Einigung, sondern auch das Kind. Nicht jedes Problem braucht eine Klage – aber wenn es nicht anders geht, solltest du vorbereitet sein.

✅ Kläre, welche Entscheidungen allein und welche gemeinsam getroffen werden müssen
✅ Halte wichtige Abstimmungen schriftlich fest – zum Beispiel per E-Mail
✅ Nutze das Gericht gezielt für konkrete Einzelfragen – statt das ganze Sorgerecht zu kippen
✅ Beantrage das alleinige Sorgerecht nur bei ernsthaften Gründen
✅ Hole dir juristische Beratung, wenn du unsicher bist, wie du handeln darfst

Hilfe findest du auch jederzeit auf unserer Hauptseite:
https://lexpilot.onepage.me

Experteneinschätzung

„Sorgerecht ist kein Machtinstrument – sondern eine Verantwortung. Wer Entscheidungen über das Kind blockiert oder emotionalisiert, gefährdet nicht nur das Verhältnis zum Ex-Partner, sondern auch das Wohl des Kindes. Bei Streit hilft oft ein klarer Antrag auf Entscheidung in der konkreten Einzelfrage – nicht gleich die komplette Entziehung.“

Björn Kasper, Rechtsanwalt

FAQ – Die 7 wichtigsten Fragen zum Thema

Was gehört alles zum Sorgerecht?

Das Sorgerecht umfasst die Personensorge und die Vermögenssorge. Es betrifft also den Alltag, die Erziehung, Gesundheit, Ausbildung und die Vertretung des Kindes in rechtlichen Fragen.

Bleibt das gemeinsame Sorgerecht nach der Trennung bestehen?

Ja. Die gemeinsame elterliche Sorge besteht fort – es sei denn, ein Gericht hebt sie auf Antrag auf und überträgt sie einem Elternteil allein.

Wann kann ich das alleinige Sorgerecht bekommen?

Nur wenn das Kindeswohl gefährdet ist oder eine Zusammenarbeit zwischen den Eltern nicht möglich ist. Bloße Meinungsverschiedenheiten reichen nicht aus.

Was darf ich allein entscheiden, wenn ich das Kind betreue?

Alltagsentscheidungen wie Kleidung, Essenszeiten, Hobbys oder Freizeitgestaltung darf jeder Elternteil allein treffen, wenn das Kind bei ihm ist. Für wichtige Dinge ist Einvernehmen erforderlich.

Muss ich dem anderen Elternteil jede Entscheidung mitteilen?

Nein, aber du solltest bei wichtigen Fragen frühzeitig das Gespräch suchen. Informationspflichten bestehen insbesondere bei Krankheit, Schulwechsel, Unfällen oder rechtlichen Vorgängen.

Kann das Gericht nur über eine einzelne Frage entscheiden?

Ja. Bei konkreten Streitpunkten (z. B. Schulwahl, Impfung) kann das Gericht auf Antrag die Entscheidungskompetenz einem Elternteil für genau diesen Punkt übertragen – ohne das ganze Sorgerecht zu ändern.

Wie wird das Kind im Verfahren einbezogen?

Ab einem Alter von etwa 10 Jahren wird das Kind in der Regel angehört. Ab 14 Jahren hat es ein eigenes Beschwerderecht. Bei Konflikten kann ein Verfahrensbeistand bestellt werden.

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