Darum geht’s in diesem Artikel – Was erwartet dich?
Urlaub bedeutet Erholung. Doch beim Thema Urlaubsanspruch, Resturlaub und Urlaubsauszahlung wird es schnell juristisch kompliziert. Was passiert mit dem Urlaub, den du nicht rechtzeitig nimmst? Wann verfällt Resturlaub tatsächlich? Und unter welchen Bedingungen kannst du dir den Urlaub auszahlen lassen? Viele Arbeitgeber spekulieren darauf, dass Arbeitnehmer ihre Rechte nicht genau kennen – und versuchen so, Urlaubsansprüche verfallen zu lassen.
In diesem Artikel erklären wir dir die aktuelle Rechtslage zum Urlaubsrecht nach den neuesten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Du erfährst, wann Urlaubsansprüche verfallen, wie lange Resturlaub gesichert bleibt und wann dir Geld statt Freizeit zusteht. LexPilot zeigt dir Schritt für Schritt, wie du deine Ansprüche sicherst, selbst bei Krankheit, Kündigung oder fehlender Belehrung durch den Arbeitgeber.
Wieviel Urlaub steht dir gesetzlich zu?
Der gesetzliche Mindesturlaub ergibt sich aus § 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG): 24 Werktage bei einer 6-Tage-Woche, was bei der üblichen 5-Tage-Woche 20 Urlaubstage bedeutet. Viele Arbeits- und Tarifverträge gewähren darüber hinausgehenden Mehrurlaub. Der Urlaubsanspruch entsteht grundsätzlich mit jedem vollen Monat anteilig. In vielen Betrieben gelten längere Urlaubsansprüche je nach Betriebszugehörigkeit oder Tarifbindung.
Wann verfällt Resturlaub nach aktueller Rechtsprechung?
Nach alter Rechtslage verfiel Resturlaub grundsätzlich am 31.12. des Urlaubsjahres oder spätestens am 31.03. des Folgejahres. Diese strikten Verfallsfristen gelten aber seit den Entscheidungen des EuGH (EuGH, Urteil vom 06.11.2018 – C-684/16) und des BAG (u. a. Urteil vom 20.12.2022 – 9 AZR 266/20) nur noch, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig und korrekt über den drohenden Urlaubsverfall informiert hat.
Erfolgt diese Belehrung nicht, bleibt der Urlaubsanspruch bestehen – teilweise über viele Jahre. Arbeitgeber müssen konkret mitteilen, wie viel Urlaub noch offen ist, dass dieser verfällt, und bis wann er genommen werden muss. Ohne diese Hinweispflicht verfällt der Urlaub nicht automatisch.
Was gilt bei Krankheit und Langzeiterkrankung?
Ist der Arbeitnehmer krank und kann den Urlaub nicht nehmen, verlängert sich der Übertragungszeitraum automatisch auf 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG; EuGH C-214/10 „KHS“). Aber auch hier gilt: Wurde keine Belehrung erteilt, bleibt Urlaub ggf. länger erhalten. Das BAG hat entschieden, dass auch bei Krankheit die Hinweispflicht des Arbeitgebers gilt. Verletzt er diese, bleibt der Urlaubsanspruch bestehen (BAG, Urteil vom 20.12.2022 – 9 AZR 245/19).
Was gilt bei Kündigung?
Endet das Arbeitsverhältnis, müssen offene Urlaubsansprüche grundsätzlich vollständig abgegolten werden. Das erfolgt durch Gewährung des Urlaubs bis zum letzten Arbeitstag oder durch Auszahlung, falls der Urlaub nicht mehr genommen werden kann (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Die Urlaubsabgeltung richtet sich nach dem durchschnittlichen Verdienst der letzten 13 Wochen.
Kann Urlaub im Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden?
Der gesetzliche Mindesturlaub darf weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden. Vertragsklauseln, die den Mindesturlaub unterlaufen oder falsch regeln, sind unwirksam. Nur beim Mehrurlaub können Arbeitgeber Regelungen zur Verfallfrist flexibler gestalten.
Was tun, wenn der Arbeitgeber die Auszahlung verweigert?
Weigert sich der Arbeitgeber, den Urlaub auszuzahlen, bleibt nur die schriftliche Geltendmachung und notfalls die Klage beim Arbeitsgericht. Hier gelten oft Ausschlussfristen von drei Monaten ab Fälligkeit. Wer nicht rechtzeitig handelt, verliert seinen Anspruch endgültig.
Tipps der Redaktion
So sicherst du deinen Urlaubsanspruch: Urlaubsanspruch jährlich prüfen. Arbeitgeber rechtzeitig schriftlich an Urlaub erinnern. Nachweise für nicht gewährten Urlaub sichern. Bei Beendigung Auszahlung rechtzeitig verlangen. Hilfe findest du auch jederzeit auf unserer Hauptseite: https://lexpilot.onepage.me
Experteneinschätzung
„Die aktuelle Rechtsprechung stellt klar: Urlaubsansprüche verfallen nicht automatisch. Arbeitgeber müssen aktiv und schriftlich belehren, sonst bleibt der Anspruch oft jahrelang erhalten. Besonders bei langjähriger Betriebszugehörigkeit, Krankheit oder fehlenden Hinweisen sammeln sich schnell hohe Urlaubsansprüche an, die auch nach Jahren noch eingeklagt werden können. Arbeitnehmer sollten regelmäßig dokumentieren, wie viel Urlaub noch offen ist, und alle Kommunikation mit dem Arbeitgeber sichern. Wer seine Ansprüche kennt und rechtzeitig geltend macht, verliert kein Geld.“
Björn Kasper, Rechtsanwalt
FAQ – Die 7 wichtigsten Fragen zum Thema
Wie viel Urlaub steht mir gesetzlich zu?
Nach dem Bundesurlaubsgesetz hast du mindestens 20 Urlaubstage pro Jahr bei einer 5-Tage-Woche. Höhere Urlaubsansprüche ergeben sich oft aus Arbeits- oder Tarifverträgen.
Wann verfällt mein Resturlaub nach neuem Recht?
Resturlaub verfällt nur dann, wenn dein Arbeitgeber dich vorher schriftlich, vollständig und korrekt über den drohenden Verfall informiert hat. Ohne diese Belehrung bleibt der Urlaub oft jahrelang erhalten.
Was passiert mit Urlaub bei Krankheit?
Bei Krankheit verlängert sich die Verfallsfrist automatisch auf 15 Monate. Hat der Arbeitgeber seine Hinweispflicht verletzt, bleibt der Anspruch unter Umständen noch länger bestehen.
Darf der Arbeitgeber Urlaub während des Arbeitsverhältnisses auszahlen?
Nein. Eine Auszahlung von Urlaubsansprüchen ist nur zulässig, wenn das Arbeitsverhältnis endet. Während des laufenden Beschäftigungsverhältnisses muss der Urlaub in Freizeit genommen werden.
Wie berechnet sich die Urlaubsauszahlung?
Die Auszahlung richtet sich nach dem durchschnittlichen Bruttoverdienst der letzten 13 Wochen vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses.
Welche Fristen gelten zur Geltendmachung meiner Ansprüche?
Oft gelten arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen von nur drei Monaten. Danach können selbst bestehende Urlaubsansprüche verfallen. Schnelles Handeln ist also entscheidend.
Kann der gesetzliche Mindesturlaub im Arbeitsvertrag eingeschränkt werden?
Nein. Der gesetzliche Mindesturlaub ist zwingend und darf nicht durch vertragliche Regelungen reduziert oder ausgeschlossen werden.