Darum geht’s in diesem Artikel:
Ein Auszubildender beim Springer-Konzern lädt ein kritisches Video zur Berichterstattung seines Arbeitgebers über den Hamas-Angriff auf Israel bei YouTube hoch – kurz darauf ist er seinen Ausbildungsplatz los. Das Arbeitsgericht Berlin erklärt die Kündigung für wirksam. Was bedeutet das für die Meinungsfreiheit? Welche Rechte haben Azubis während der Probezeit? Und wo liegen die rechtlichen Grenzen der Kritik an Arbeitgebern in Social Media?
In diesem Artikel klären wir die Hintergründe dieses viel diskutierten Falls, analysieren die Entscheidung des Arbeitsgerichts juristisch fundiert und geben dir konkrete Hinweise, was in der Ausbildung erlaubt ist – und was nicht.
Ausbildung beendet wegen politischem Statement
Der Fall schlägt Wellen: Ein junger Mann beginnt im September 2023 eine Ausbildung zum Mediengestalter beim Springer-Konzern. Nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 bezieht der Konzern öffentlich Stellung: uneingeschränkte Solidarität mit Israel. Der Auszubildende jedoch positioniert sich mit dem Profiltext „I don’t stand with Israel“ in der unternehmensinternen Plattform „Teams“ gegenteilig – und geht noch weiter: Er lädt ein YouTube-Video hoch, betitelt mit „Wie entsteht eine Lüge“, in dem er unter Verwendung von Bildmaterial des Arbeitgebers dessen Berichterstattung über den Angriff infrage stellt.
Springer reagiert prompt: Zwei fristlose Kündigungen während der Probezeit folgen. Der Azubi wehrt sich – mit dem Argument, er habe lediglich seine Meinung geäußert und werde nun wegen seines politischen Statements bestraft.
Die Entscheidung des Gerichts im Überblick
Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 22. Mai 2024 (Az. 37 Ca 12701/23) klargestellt:
Die zweite Kündigung während der Probezeit ist wirksam.
Zwar erklärte das Gericht die erste Kündigung wegen eines Fehlers bei der Betriebsratsanhörung für unwirksam, doch die zweite Kündigung wurde als rechtmäßig bestätigt – mit folgender Begründung:
1. Kündigung während der Probezeit:
Innerhalb der Probezeit (§ 20 BBiG) kann ein Ausbildungsverhältnis jederzeit und ohne Angabe von Gründen gekündigt werden – und zwar ohne besondere Hürden.
2. Kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot (§ 612a BGB):
Die Kündigung stellt nach Auffassung des Gerichts keine unzulässige Bestrafung einer Meinungsäußerung dar. Vielmehr diene sie der Wahrung der unternehmerischen Interessen – insbesondere des Vertrauensverhältnisses.
3. Eingeschränkte Meinungsfreiheit:
Die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) finde hier ihre Grenze: Die Nutzung von firmeninternem Material zur öffentlichen Kritik an der Unternehmensberichterstattung sei nicht vom Schutzbereich umfasst – zumindest nicht, wenn sie mit den Interessen des Arbeitgebers unvereinbar sei.
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Eine kurze rechtliche Einschätzung durch die Expertenbrille
Björn Kasper, Rechtsanwalt
Das Urteil ist aus juristischer Sicht folgerichtig. Die Probezeit dient der gegenseitigen Erprobung – sie erlaubt es beiden Seiten, das Ausbildungsverhältnis ohne Angabe von Gründen zu beenden. Auch wenn politische Meinungsäußerungen grundsätzlich geschützt sind, stößt dieser Schutz dort an seine Grenzen, wo er das Vertrauen im Arbeitsverhältnis massiv beeinträchtigt – insbesondere, wenn der Arbeitgeber öffentlich attackiert und dessen Medieninhalte missbräuchlich verwendet werden. In der Ausbildung gilt zudem eine besondere Rücksichtnahmepflicht: Loyalitätsverletzungen wie in diesem Fall können ein legitimer Grund zur Trennung sein, auch ohne formale Begründung.