Darum geht’s in diesem Artikel:
Ein langjähriger Personalleiter verdient nur rund 4.200 Euro im Monat, während später eingestellte Kollegen mit 10.000 Euro brutto entlohnt werden – und das bei gleicher Tätigkeit. Ist das gerecht? Oder gar ein Fall für die Gleichbehandlungsklage? Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat in einem aufsehenerregenden Urteil entschieden: Kein Anspruch auf Gleichbezahlung, wenn die besser bezahlten Kollegen besser qualifiziert sind. Was das im Detail bedeutet, wie der Gleichbehandlungsgrundsatz wirklich greift und wann eine Diskriminierung ausgeschlossen ist, liest du in diesem Artikel.
Qualifikation schlägt Betriebszugehörigkeit – Was das Urteil sagt
Das Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 28.01.2025 (Az. 5 SLa 159/24) sorgt für Aufsehen: Geklagt hatte ein Personalleiter, der seit Jahren im Unternehmen tätig war. Zwischenzeitlich hatte das Unternehmen zwei neue Kollegen eingestellt – beide mit deutlich höherem Gehalt. Während der Kläger 4.200 Euro brutto monatlich erhielt, lagen die Gehälter der neuen Kollegen bei jeweils 10.000 Euro.
Doch das Gericht erteilte seiner Klage eine klare Absage. Die Begründung: Die neuen Kollegen verfügten über bessere akademische Abschlüsse und vertiefte Qualifikationen. Diese Unterschiede rechtfertigten die deutlich höhere Vergütung. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei daher nicht verletzt.
Kein Anspruch auf gleiche Bezahlung bei besserer Qualifikation
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet Arbeitgeber, vergleichbare Arbeitnehmer nicht ohne sachlichen Grund ungleich zu behandeln. Doch das Gericht stellte klar: Eine ungleiche Bezahlung ist zulässig, wenn sachliche Gründe wie unterschiedliche Qualifikationen vorliegen. Der Kläger konnte nicht darlegen, dass die höhere Vergütung der Kollegen auf sachwidriger Ungleichbehandlung beruhte. Auch ein Anspruch auf Vertragsanpassung wegen betrieblicher Übung wurde verneint.
Keine Diskriminierung – Geschlecht spielte keine Rolle
Der Kläger hatte zudem eine mittelbare Diskriminierung vermutet, da eine besser bezahlte Kollegin weiblich war. Doch auch diesen Einwand ließ das Gericht nicht gelten. Die betreffende Kollegin sei mindestens ebenso qualifiziert gewesen wie ihr männlicher Vorgänger, ein geschlechtsbezogenes Privileg habe nicht vorgelegen. Das Gericht erkannte weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts.
Konsequenzen für Beschäftigte – und Arbeitgeber
Die Entscheidung bedeutet für viele Beschäftigte eine bittere Wahrheit: Auch wenn man jahrelang loyal im Unternehmen tätig ist, besteht kein automatischer Anspruch auf gleiche Bezahlung, wenn andere Kollegen besser qualifiziert sind. Arbeitgeber wiederum erhalten durch das Urteil eine gewisse Rechtssicherheit, Leistungs- und Qualifikationsunterschiede auch finanziell differenziert zu honorieren – vorausgesetzt, dies geschieht nachvollziehbar und diskriminierungsfrei.
Tipps der Redaktion
Wenn du das Gefühl hast, ungerecht bezahlt zu werden, solltest du dir zunächst folgende Fragen stellen:
- Sind deine Aufgaben tatsächlich identisch mit denen der höher vergüteten Kollegen?
- Gibt es objektive Unterschiede in Ausbildung, Qualifikation oder Berufserfahrung?
- Hast du Indizien dafür, dass das Gehalt an ein diskriminierendes Merkmal anknüpft (z. B. Geschlecht, Alter, Herkunft)?
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Eine kurze rechtliche Einschätzung durch die Expertenbrille
Björn Kasper, Rechtsanwalt:
„Das Urteil zeigt deutlich, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz kein Anspruchsinstrument ist, um pauschale Gehaltsangleichungen zu erzwingen. Entscheidend ist immer die Vergleichbarkeit der Tätigkeit bei gleicher Eignung. Solange der Arbeitgeber sachliche Gründe – wie bessere Qualifikation – plausibel darlegen kann, ist eine unterschiedliche Vergütung zulässig. Wer sich ungerecht behandelt fühlt, sollte konkret prüfen lassen, ob tatsächlich ein vergleichbarer Arbeitnehmer besser gestellt wird – ohne sachlichen Grund. Erst dann lässt sich eine Gleichbehandlung rechtlich durchsetzen.“