Sonntag, September 28, 2025

Arbeitszeugnis: Versteckte Noten und geheime Codes – Was wirklich in deinem Zeugnis steht

Ein Arbeitszeugnis entscheidet oft über deine Karriere – doch viele Zeugnisse enthalten versteckte Codes und geheime Noten. In diesem Artikel erfährst du, wie du Formulierungen richtig entschlüsselst, was die gängigen Zufriedenheitssätze wirklich bedeuten und wann du ein Zeugnis erfolgreich anfechten kannst. LexPilot zeigt dir, wie du dich gegen unfaire Bewertungen im Zeugnis zur Wehr setzt und dein gutes Recht auf eine ehrliche, wohlwollende Beurteilung durchsetzt.

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Darum geht’s in diesem Artikel – Was erwartet dich?

Du hast dein Arbeitszeugnis endlich in der Hand – aber kannst du es auch wirklich lesen? Oft klingt alles positiv und freundlich, doch zwischen den Zeilen verbergen sich wahre Schulnoten. Viele Arbeitgeber nutzen Formulierungen, die juristisch eindeutig sind, für Laien aber wie leeres Lob klingen. Genau hier lauern für Arbeitnehmer Gefahren, denn das Arbeitszeugnis entscheidet häufig über den nächsten Job.

In diesem Artikel erfährst du, wie die Zeugnisnoten verschlüsselt werden, welche Formulierungen welche Bewertung bedeuten und wann du ein Recht auf Berichtigung hast. Wir zeigen dir, wie du dein Arbeitszeugnis prüfst, Fehler erkennst und welche juristischen Möglichkeiten du hast, ein faires Zeugnis durchzusetzen – notfalls auch vor Gericht. LexPilot liefert dir die komplette Analyse zur Zeugnissprache im Arbeitsrecht.

Wozu dient ein Arbeitszeugnis?

Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis. Das Zeugnis soll dem Arbeitnehmer die Bewerbung für künftige Jobs erleichtern und ist häufig entscheidend bei der Personalauswahl. Rechtlich geregelt ist der Zeugnisanspruch in § 109 GewO. Das Zeugnis muss:

– wahrheitsgemäß sein
– wohlwollend formuliert werden
– den beruflichen Werdegang nicht unnötig erschweren

Das bedeutet: Der Arbeitgeber darf keine offenen Abwertungen schreiben, aber auch keine unwahren Lobhudeleien. Aus diesem Spagat entstand im Lauf der Jahre die typische Zeugnissprache – mit vielen versteckten Codes.

Was bedeuten die geheimen Noten?

Im Arbeitsrecht hat sich eine Art inoffizielle Schulnotenskala für Zeugnisse etabliert. Die wichtigsten Beispiele:

„stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ = Note 1 (sehr gut)
„stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ = Note 2 (gut)
„zu unserer vollen Zufriedenheit“ = Note 3 (befriedigend)
„zur Zufriedenheit“ = Note 4 (ausreichend)
„im Großen und Ganzen zufriedenstellend“ = Note 5 (mangelhaft)
kein Zufriedenheitsurteil = Note 6 (ungenügend)

Auch Formulierungen zur Führung, Teamfähigkeit oder Belastbarkeit tragen codierte Bewertungen:

„zeigte Verständnis für die Belange der Belegschaft“ = häufig negativ (Hinweis auf Konflikte)
„bemühte sich“ = schwache Leistung
„war im Rahmen seiner Fähigkeiten“ = deutlicher Hinweis auf Unterdurchschnittlichkeit

Darf der Arbeitgeber codieren?

Offene Geheimcodes sind heute unzulässig. Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 12.08.2008 – 9 AZR 632/07) verlangt ein „wohlwollendes, wahrheitsgemäßes Zeugnis“. Heimliche Abstrafungen widersprechen dem Grundsatz der Zeugniswahrheit. Allerdings bleiben die feinen Abstufungen der Standardformulierungen weiterhin zulässig, da sie in der Praxis anerkannt sind.

Was tun bei fehlerhaftem Zeugnis?

Wenn dein Zeugnis Formulierungen enthält, die deine Leistung schlechter darstellen als sie war, hast du einen Korrekturanspruch. Das Arbeitsgericht kann den Arbeitgeber verpflichten, das Zeugnis zu ändern.

Wichtig:

– Beweise sammeln (z. B. Zielvereinbarungen, Beurteilungen, Lob, Gehaltserhöhungen)
– Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen
– Schriftlich um Zeugniskorrektur bitten
– Bei Ablehnung: Klage auf Zeugnisberichtigung nach § 109 GewO

Je klarer du deine guten Leistungen belegen kannst, desto besser deine Erfolgsaussichten.

Muss das Zeugnis immer wohlwollend sein?

Ja – aber nicht auf Kosten der Wahrheit. Arbeitgeber dürfen schlechte Leistungen nicht verschweigen, müssen diese aber sachlich korrekt und ohne Schmähkritik formulieren. Zwischen der Verpflichtung zur Wahrheit und dem Wohlwollen liegt oft der Kern späterer Zeugnisstreitigkeiten vor Gericht.

Tipps der Redaktion

So sicherst du dir ein gutes Zeugnis:

✅ Zeugnis sofort nach Beendigung prüfen
✅ Formulierungen entschlüsseln
✅ Notenstufen anhand der Zufriedenheitssätze erkennen
✅ Bei unklaren oder versteckten Abwertungen rechtzeitig reagieren
✅ Hilfe findest du auch jederzeit auf unserer Hauptseite: https://lexpilot.onepage.me

Experteneinschätzung

„Die Kunst der Zeugnisformulierung liegt in der Dosierung. Viele Arbeitgeber versuchen, durch neutrale Höflichkeitsfloskeln schlechte Bewertungen zu verstecken. Doch die Rechtsprechung ist klar: Zeugnisse müssen verständlich, klar und nachvollziehbar sein. Heimliche Geheimcodes sind unzulässig. Wer nach dem Jobwechsel ein negatives Zeugnis erhält, sollte sofort prüfen lassen, ob die Formulierungen seiner tatsächlichen Leistung entsprechen. Insbesondere die bekannten Zufriedenheitssätze sind praktisch zur Schulnote geworden. Arbeitnehmer haben gute Chancen, vor dem Arbeitsgericht ein besseres Zeugnis zu erstreiten – vorausgesetzt, sie können ihre Leistungen nachvollziehbar belegen. Ein unberechtigt schlechtes Zeugnis muss heute niemand mehr hinnehmen.“

Björn Kasper, Rechtsanwalt

FAQ – Die 7 wichtigsten Fragen zum Thema

Habe ich Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
Ja. Nach § 109 GewO hast du bei Beendigung deines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Auf Wunsch muss der Arbeitgeber dir auch ein qualifiziertes Zeugnis ausstellen, das Leistung und Verhalten bewertet.

Welche Formulierungen gelten als Note 1?
Formulierungen wie „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ stehen für eine sehr gute Bewertung. Fehlt das „stets“ oder „vollstens“, sinkt die Note entsprechend. Kleine Formulierungsunterschiede haben oft große Auswirkungen.

Sind Geheimcodes im Zeugnis erlaubt?
Offene Geheimcodes sind verboten. Heimliche Abwertungen, versteckte Hinweise auf Krankheiten, Fehlzeiten oder Konflikte dürfen nicht enthalten sein. Zulässig sind hingegen die bekannten Zufriedenheitsskalen, solange sie objektiv nachvollziehbar bleiben.

Kann ich gegen ein schlechtes Zeugnis klagen?
Ja. Du kannst beim Arbeitsgericht Klage auf Zeugnisberichtigung erheben, wenn dein Zeugnis nicht der Wahrheit entspricht oder versteckte Abwertungen enthält. Du musst dann deine tatsächlichen Leistungen nachweisen können.

Wie schnell muss ich gegen ein falsches Zeugnis vorgehen?
Grundsätzlich gilt keine starre Frist. Je schneller du dich jedoch wehrst, desto besser deine Chancen. Spätestens nach ein paar Monaten wird es schwieriger, deine Leistungen noch sauber zu dokumentieren.

Was passiert, wenn ich das Zeugnis einfach so akzeptiere?
Dann wird es bestandskräftig und könnte dir bei späteren Bewerbungen schaden. Deshalb solltest du dein Zeugnis immer sofort sorgfältig prüfen und bei Bedarf reagieren.

Muss ich die Formulierungsvorschläge des Arbeitgebers akzeptieren?
Nein. Du darfst Änderungen vorschlagen und auf Formulierungen bestehen, die deiner tatsächlichen Leistung entsprechen. Am Ende entscheidet notfalls das Arbeitsgericht über die korrekte Formulierung.

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