Sonntag, September 28, 2025

Wenn Arbeit krank macht – Die stille Epidemie der Erschöpfung

Immer mehr Menschen werden durch Arbeit krank – psychisch erschöpft, ausgebrannt, innerlich gekündigt. Der Artikel zeigt, wie systemischer Leistungsdruck, toxische Unternehmenskulturen und digitale Überwachung zur stillen Epidemie werden. Mit rechtlichen Hinweisen zu Gefährdungsbeurteilung, BEM-Verfahren, Teilzeitrecht und Schutz bei Burnout oder Depression.

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Darum geht’s in diesem Artikel – Was erwartet dich?

In Deutschland steigen die Krankmeldungen wegen psychischer Belastung seit Jahren rasant. Burnout, Depression, Erschöpfung – Begriffe, die längst keine Randerscheinungen mehr sind, sondern Ausdruck eines gesellschaftlichen Problems: Arbeit macht krank.

Was wie individuelles Scheitern wirkt, ist in Wahrheit oft das Ergebnis systematischer Überforderung, toxischer Führungskulturen und unterlassener Fürsorge durch Arbeitgeber. Dieser Artikel erklärt dir, woran du krankmachende Arbeit erkennst, welche Rechte du hast, was Studien und Gutachten belegen – und wie du dich schützen kannst.

Arbeit als Gesundheitsrisiko – Die Faktenlage 2025

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Psychische Erkrankungen sind laut dem DAK-Psychreport 2024 weiterhin die zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit in Deutschland. Besonders auffällig ist der Zuwachs bei jüngeren Arbeitnehmern zwischen 25 und 39 Jahren.

Eine Untersuchung der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) aus dem Jahr 2023 beschreibt einen „chronischen Anstieg arbeitsbedingter psychischer Erkrankungen“ – insbesondere bei Beschäftigten in Dienstleistungsberufen, im Gesundheitswesen, der IT und im Bildungsbereich.

Die Hans-Böckler-Stiftung bestätigte in einer 2022 veröffentlichten Metaanalyse: Psychische Belastungen im Beruf hängen direkt mit mangelndem Entscheidungsspielraum, hoher Taktung, permanenter Erreichbarkeit und fehlender Unterstützung durch Vorgesetzte zusammen.

Warum moderne Arbeit krank macht

Psychisch belastete Arbeitnehmer erleben nicht nur Stress, sondern ein Gefühl des Ausgeliefertseins. Entscheidungen werden zentral getroffen, Feedbackkultur fehlt, Fehler führen zu Schuldzuweisungen. In immer mehr Branchen entsteht ein Klima aus Misstrauen, Kontrolle und stillem Druck.

Besonders fatal: Die Entgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben. Durch mobile Endgeräte, Homeoffice und fehlende Regelungen zur Erreichbarkeit verschwinden Pausen, Freizeit und Erholungsphasen – oft unbemerkt.

Was bleibt, ist ein Gefühl permanenter Anspannung. Der Körper wehrt sich mit Schlafproblemen, Nervosität, Erschöpfung. Die Psyche folgt.

Rechte, die viele nicht kennen – und selten eingefordert werden

Was viele Beschäftigte nicht wissen: Du hast ein Recht auf Gesundheit am Arbeitsplatz – und es ist gesetzlich geschützt. Dazu gehören:

  • Gefährdungsbeurteilung (§ 5 ArbSchG): Arbeitgeber müssen psychische Belastungen erfassen und Maßnahmen einleiten.
  • Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM, § 167 SGB IX): Pflicht bei länger als 6 Wochen Krankheit.
  • Teilzeitanspruch (§ 8 TzBfG): Überlastung kann ein sachlicher Grund sein.
  • Kündigungsschutz (§ 1 KSchG): Psychische Erkrankung ist kein Kündigungsgrund, solange Besserung möglich ist.
  • Reha und Prävention: Leistungen der Rentenversicherung, z. B. durch psychosomatische Reha-Kliniken.

Trotz dieser Rechte erleben viele Betroffene das Gegenteil: Arbeitgeber verschweigen Verfahren, machen Druck oder zwingen zur Eigenkündigung.

Toxische Führung und unterlassene Hilfe – Das strukturelle Problem

Laut einer Studie des IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) 2023 erleben 38 % der Beschäftigten regelmäßig ein „angespanntes, ungesundes Arbeitsklima“. 42 % berichten von fehlender Anerkennung, 27 % von Kontrolle statt Vertrauen.

Unternehmen sprechen in Hochglanzbroschüren von Achtsamkeit und Mental Health, schaffen es aber intern nicht, systematische Überforderung zu stoppen.

Die Folge: Beschäftigte zweifeln an sich selbst, statt die Strukturen zu hinterfragen – und rutschen in dauerhafte Erschöpfung, manchmal auch in Suizidalität.

Wie du dich schützt – und was du aktiv tun kannst

Du musst nicht warten, bis nichts mehr geht. Erste Maßnahmen:

  • Belastungen dokumentieren: Was stresst dich konkret? Wann? Wer war beteiligt?
  • Betriebsrat oder Fachkraft für Arbeitssicherheit einbinden: Diese Stellen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
  • BEM-Verfahren einfordern: Das ist kein Gnadenakt – es ist deine gesetzliche Option.
  • Teilzeit beantragen: Wenn dich die aktuelle Belastung überfordert.
  • Reha-Maßnahmen prüfen: Die Rentenversicherung bietet berufsbegleitende Programme zur Stabilisierung.

Auch externe Beratungsstellen wie die DGPPN, Psychotherapeutenkammern oder Krankenkassen können erste Schritte aufzeigen – anonym und ohne Verpflichtung.

Tipps der Redaktion

Wenn dein Job dich zermürbt, ist es nicht deine Schuld. Du hast das Recht, dich zu schützen – rechtlich und gesundheitlich.

✅ Dokumentiere Belastungen und Symptome
✅ Lass dich ärztlich beraten und krankschreiben
✅ Nutze deine Rechte auf Teilzeit und Wiedereingliederung
✅ Fordere BEM und Gefährdungsbeurteilung aktiv ein
✅ Hilfe findest du auch jederzeit auf unserer Hauptseite:

https://lexpilot.onepage.me

Zusammengefasst:
✅ Arbeit muss gesundheitsförderlich sein – das ist Gesetz
✅ Du hast Rechte bei psychischer Überlastung
✅ Toxische Strukturen sind kein Einzelfall, sondern System
✅ LexPilot unterstützt dich mit Wissen und rechtlicher Hilfe

Eine kurze rechtliche Einschätzung durch die Expertenbrille

„Wer durch Arbeit krank wird, darf das nicht als persönliches Versagen sehen. Die rechtliche Lage schützt Arbeitnehmer – aber man muss sich trauen, sie auch zu nutzen. Psychische Gesundheit ist kein Bonus, sondern ein Recht.“

Björn Kasper, Rechtsanwalt

FAQ – Die 7 wichtigsten Fragen zur Belastung am Arbeitsplatz

Was ist eine psychische Gefährdungsbeurteilung und kann ich sie verlangen?
Ja. Nach § 5 ArbSchG muss jeder Arbeitgeber regelmäßig prüfen, ob psychische Belastungen vorliegen. Als Beschäftigter darfst du das aktiv einfordern – auch anonym über den Betriebsrat oder die Fachkraft für Arbeitssicherheit.

Kann ich wegen Burnout gekündigt werden?
Nicht einfach so. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist nur zulässig, wenn keine Besserung zu erwarten ist und der Arbeitgeber alle milderen Maßnahmen ausgeschöpft hat – z. B. BEM oder Tätigkeitswechsel.

Was bringt mir das BEM-Verfahren konkret?
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement soll dir helfen, zurück in den Beruf zu finden – mit angepasstem Arbeitsplatz, kürzeren Zeiten oder interner Versetzung. Es ist gesetzlich vorgeschrieben – und darf nicht verweigert werden.

Kann ich eine Reha beantragen, auch wenn ich nicht voll erwerbsunfähig bin?
Ja. Die Rentenversicherung bietet sogenannte Präventions- und Stabilisierungsmaßnahmen – ambulant oder stationär. Wichtig ist eine ärztliche Empfehlung.

Muss ich psychische Erkrankungen dem Arbeitgeber mitteilen?
Nein. Du bist nicht verpflichtet, Diagnosen offen zu legen. Auch Krankschreibungen dürfen keine Angaben zur Ursache enthalten. Deine Privatsphäre ist geschützt.

Was tun, wenn ich keine Unterstützung im Unternehmen bekomme?
Dann solltest du externe Hilfe suchen – z. B. bei der Krankenkasse, einem Fachanwalt für Arbeitsrecht oder einer Gewerkschaft. Auch ein Wechsel in ein gesünderes Umfeld kann langfristig sinnvoll sein.

Kann ich Teilzeit verlangen, wenn ich überfordert bin?
Ja. Der Anspruch nach § 8 TzBfG steht dir zu – wenn du mindestens 6 Monate angestellt bist und keine betrieblichen Gründe entgegenstehen. Überforderung kann ein legitimer Grund sein.

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