Stromanbieter Eprimo verliert vor Gericht: LG Frankfurt stoppt anlasslose Datenweitergabe
Ein wegweisendes Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main sorgt für Aufsehen: Der Energieversorger Eprimo darf personenbezogene Kundendaten nicht mehr ohne konkreten Anlass an die Schufa oder andere Auskunfteien weitergeben. Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) – und bekam in allen Punkten Recht. Das Urteil (Az. 2-24 O 156/21 vom 26.05.2023) ist rechtskräftig und hat enorme Bedeutung für den Datenschutz in Deutschland.
Was war passiert?
Eprimo hatte in seinen Datenschutzhinweisen Klauseln aufgenommen, die dem Unternehmen ermöglichten, auch bei vertragsgemäßem Verhalten der Kunden Daten über die Durchführung und Beendigung des Stromvertrages an die Schufa zu übermitteln. Dabei ging es nicht um negative Bonitätsinformationen, sondern um sogenannte „Positivdaten“ – etwa Vertragslaufzeiten oder den Stromverbrauch.
Beispiel: Ein Kunde wechselt regelmäßig den Anbieter, zahlt aber stets pünktlich. Diese neutrale Information könnte durch die Weitergabe dennoch zu Nachteilen bei zukünftigen Vertragsschlüssen führen.
Datenschutz ad absurdum geführt?
Das LG Frankfurt urteilte klar: Eine derart weitreichende Datenweitergabe ohne konkreten Anlass ist unzulässig. Sie widerspricht der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die für jede Verarbeitung personenbezogener Daten einen anerkannten Rechtfertigungsgrund verlangt. Die pauschale Berufung auf die Vertragsabwicklung oder berechtigte Interessen reiche dafür nicht aus.
Der Clou: Die Klausel hätte laut Gericht sogar eine anlasslose „Vorratsdatenspeicherung“ ermöglicht – inklusive verbrauchten Strommengen oder Vertragslaufzeiten. Eine solche Datenansammlung öffnet Missbrauch Tür und Tor und widerspricht dem Grundgedanken der DSGVO diametral.
Verbraucherschutz gestärkt: vzbv darf gegen Datenschutzverstöße klagen
Eprimo versuchte zusätzlich, dem vzbv die Klagebefugnis abzusprechen. Doch auch hier erteilte das Landgericht eine klare Absage. Verbraucherschutzverbände wie der vzbv dürfen sehr wohl gegen datenschutzwidrige Klauseln vorgehen. Die Richter stützten sich dabei auf die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.
Damit ist klargestellt: Datenschutz ist Verbraucherschutz – und darf nicht durch kreative Vertragsgestaltung umgangen werden.
Das bedeutet das Urteil für Verbraucher
Wer seinen Stromanbieter wechselt oder andere Verträge abschließt, muss nicht mehr befürchten, dass völlig neutrale Vertragsinformationen – die keine Aussage über Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit treffen – unbemerkt bei Auskunfteien landen. Das Urteil schützt alle, die sich korrekt verhalten und dennoch nicht zum gläsernen Verbraucher degradiert werden wollen.
Insbesondere wird vermieden, dass Anbieter ein Kundenprofil erstellen (lassen), das weit über die eigentlichen Vertragszwecke hinausgeht. Die richterliche Entscheidung setzt damit ein starkes Zeichen für Datenschutz, Transparenz und informationelle Selbstbestimmung.
Tipps der Redaktion
- Datenschutzhinweise prüfen: Wer Verträge abschließt, sollte Datenschutzerklärungen genau lesen. Unklare Klauseln zur Datenweitergabe können kritisch sein.
- SCHUFA-Selbstauskunft nutzen: Einmal jährlich ist sie kostenlos. So erkennst du, ob unzulässige Daten gespeichert wurden.
- Verdachtsunabhängige Datenspeicherung melden: Wenn du erfährst, dass dein Anbieter Daten ohne Anlass weitergibt – sofort Beschwerde bei der Datenschutzaufsicht einreichen.
- Verbraucherschützer kontaktieren: Organisationen wie der vzbv können nicht nur beraten, sondern auch rechtlich gegen Unternehmen vorgehen.