Montag, September 29, 2025

MEDIENBERICHTERSTATTUNG ÜBER STRAFVERFAHREN – WAS DARF VERÖFFENTLICHT WERDEN?

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Wenn die Öffentlichkeit mehr weiß als das Gericht

Ein Ermittlungsverfahren läuft noch, aber in der Zeitung steht schon dein Name. Auf Instagram kursieren Mutmaßungen über den Tathergang. Und in der Kommentarspalte wird offen über deine Schuld diskutiert – bevor überhaupt Anklage erhoben wurde. Das passiert in Deutschland täglich. Doch die Pressefreiheit hat Grenzen. Und das Strafverfahrensrecht schützt nicht nur die Wahrheit – sondern auch die Würde der Betroffenen.

Gerade 2025 – im Zeitalter von Livetickern, Onlineportalen und TikTok-Rechtskommentatoren – ist es wichtiger denn je: Was darf die Presse veröffentlichen – und wann verletzt sie Persönlichkeitsrechte?

Rechtslage: Zwischen Pressefreiheit und Unschuldsvermutung

Die Pressefreiheit nach Art. 5 GG erlaubt Medien die Berichterstattung über Strafverfahren – auch mit kritischen Kommentaren. Aber:
Die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten und die Unschuldsvermutung setzen klare Schranken.

Konkret bedeutet das:

  • Keine Vorverurteilung
  • Keine unangemessene Bloßstellung
  • Keine Namensnennung ohne überwiegendes öffentliches Interesse
  • Keine Spekulation über Schuld, wenn noch kein Urteil vorliegt

Je früher im Verfahren, desto stärker ist der Schutz des Betroffenen.

Wann darf ein Name genannt werden?

Grundsätzlich darf dein Name nicht veröffentlicht werden, solange:

  • es sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren handelt
  • keine Anklage oder Verurteilung vorliegt
  • du keine Person des öffentlichen Lebens bist
  • kein besonderes Informationsinteresse besteht

Beispiel:
Ein Bericht über einen mutmaßlichen Täter mit vollem Namen, Foto und Arbeitgeberangabe vor Anklageerhebung ist in der Regel rechtswidrig – selbst wenn alle Informationen „stimmen“.

Wann dürfen Medien Fotos zeigen?

Fotos von Beschuldigten oder Angeklagten dürfen nur veröffentlicht werden, wenn:

  • ein überragendes öffentliches Interesse besteht
  • das Foto nicht bloßstellend ist
  • die Person öffentlich aufgetreten ist (z. B. bei Prozessen oder Medienstatements)
  • keine erheblichen Reputationsschäden zu erwarten sind

Verpixelung oder Anonymisierung sind oft zwingend erforderlich.

Was gilt nach der Verurteilung?

Mit einem rechtskräftigen Urteil kann sich die Berichterstattung verändern:

  • Namensnennung ist eher zulässig – insbesondere bei schweren Straftaten
  • Die Person kann aber auch nach Verurteilung ein „Recht auf Vergessen“ geltend machen
  • Wiederholte oder „ewige“ Berichterstattung ist nicht zulässig, wenn sie die Resozialisierung gefährdet

Was kannst du als Betroffener tun?

Während des Verfahrens:

  1. Einstweilige Verfügung gegen Veröffentlichung von Namen oder Bildern
  2. Gegendarstellung bei falscher Tatsachenbehauptung
  3. Beschwerde beim Deutschen Presserat
  4. Unterlassungsklage und ggf. Geldentschädigung

Nach Abschluss des Verfahrens:

  1. Löschungsantrag bei Medien oder Suchmaschinen (Google, Bing)
  2. Antrag auf Anonymisierung in Archiven
  3. Klage auf Unterlassung bei wiederholter Veröffentlichung

Was gilt bei Prominenten oder öffentlichen Verfahren?

Bei öffentlichen Personen oder großen Strafprozessen (z. B. Mord, Korruption, Wirtschaftskriminalität) können andere Maßstäbe gelten.
Doch auch hier gilt: Keine Vorverurteilung. Keine Übergriffe auf Familie oder Kinder. Keine entwürdigende Darstellung.

Tipp: Je enger der Kreis der Betroffenen, desto stärker die Schutzrechte.

Tipps der Redaktion

  • Wenn du betroffen bist: Reagiere schnell – jede Stunde zählt bei Onlineveröffentlichungen
  • Dokumentiere jede Berichterstattung lückenlos (Screenshot, Link, Zeitpunkt)
  • Wende dich an spezialisierte Anwälte – auch wenn du „nur“ erwähnt wirst
  • Achte auf Folgeberichterstattung, z. B. in Pressespiegeln, Archiven, Blogs

Wenn du weitere Fragen zum Thema hast, kannst du gerne unser Kontaktformular nutzen:

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