Sonntag, September 28, 2025

Steuererklärung vom Finanzamt – Pilotprojekt bringt Chancen und Risiken

Das Finanzamt Kassel startet ein Pilotprojekt: Bürger:innen, die ihre Einkommensteuererklärung 2024 nicht fristgerecht abgegeben haben, erhalten automatisch einen Vorschlag auf Basis vorhandener Daten. Wer keine Änderungen vornimmt, erhält nach vier Wochen den Steuerbescheid – unkompliziert und ohne zusätzliche Formulare. Für Arbeitnehmer:innen mit einfachen Einkommensverhältnissen kann das eine echte Erleichterung sein. Doch Vorsicht: Wer Sonderausgaben, Werbungskosten oder Nebeneinkünfte hat, muss prüfen und rechtzeitig reagieren, sonst drohen finanzielle Nachteile. Erfahre hier, wie du den Entwurf sicher prüfst, welche Chancen bestehen und wann du besser eine eigene Erklärung abgibst.

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Die jährliche Steuererklärung ist für viele Arbeitnehmer:innen eine ungeliebte Pflicht. Formulare, Belege, Fristen – das alles sorgt regelmäßig für Stress und nicht selten auch für Fristversäumnisse. Genau hier setzt ein neues Pilotprojekt des Finanzamts Kassel an: Statt Mahnungen zu verschicken, erstellt die Behörde für ausgewählte Bürger:innen automatisch einen Vorschlag für die Einkommensteuer 2024.

Wer diesen Vorschlag akzeptiert, erhält nach Ablauf einer Prüfungsfrist automatisch den Steuerbescheid. Die Idee: Weniger Bürokratie, weniger Ärger und im besten Fall mehr Rückerstattung. Doch so einfach, wie es klingt, ist das Verfahren nicht – denn für Steuerpflichtige ergeben sich nicht nur Vorteile, sondern auch neue Fallstricke.

Wie funktioniert das Pilotprojekt?

Das Finanzamt Kassel nutzt die bereits vorliegenden Daten, die über Arbeitgeber, Versicherungen oder andere Meldepflichten übermittelt wurden. Aus diesen Informationen erstellt die Behörde einen Entwurf der Steuererklärung. Dieser Vorschlag wird dem Steuerpflichtigen zugesandt.

Wer innerhalb der vorgesehenen Frist nichts unternimmt, bekommt automatisch einen Steuerbescheid. Wer Ergänzungen oder Korrekturen hat, muss diese rechtzeitig einreichen. Damit wird der Spieß gewissermaßen umgedreht: Statt selbst aktiv zu werden, prüfst du, ob die Daten vollständig und korrekt sind.

Wer profitiert von der automatischen Steuererklärung?

Das Verfahren ist vor allem für Arbeitnehmer:innen mit einfachen Einkommensverhältnissen gedacht. Wer ausschließlich Lohn bezieht, einige Versicherungsbeiträge geltend macht und keine komplizierten Sonderausgaben oder Nebeneinkünfte hat, profitiert besonders. In diesen Fällen spart das Projekt Zeit, Aufwand und oft auch Kosten für Steuerberater. Für Menschen mit komplexen Verhältnissen – etwa Selbstständige, Vermieter oder Anleger – birgt der Vorschlag Risiken, weil viele Kosten und Einnahmen nicht automatisch erfasst werden.

Welche Chancen bietet das Verfahren?

Die größten Vorteile liegen in der Vereinfachung und Zeitersparnis. Wer bisher vor der Erklärung zurückgeschreckt ist oder gar Fristen versäumt hat, bekommt die Arbeit weitgehend abgenommen.

Erste Rückmeldungen deuten sogar darauf hin, dass manche Steuerpflichtige mit der neuen Methode höhere Rückerstattungen erhalten, weil das Finanzamt Daten einbezieht, die sonst übersehen worden wären. Auch die Verwaltung profitiert: Weniger Mahnungen, weniger Arbeitsaufwand und eine schnellere Bearbeitung von Steuerfällen.

Wo liegen die Risiken?

So hilfreich das Verfahren wirkt, es ersetzt nicht die sorgfältige Prüfung durch den Steuerpflichtigen. Der Entwurf kann unvollständig sein, wenn bestimmte Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen nicht automatisch übermittelt wurden.

Ebenso kann das Finanzamt Schätzungen ansetzen, die nicht dem individuellen Fall entsprechen. Wer nicht reagiert, akzeptiert möglicherweise einen Bescheid, der steuerlich ungünstiger ist. Gerade deshalb ist die genaue Kontrolle und der rechtzeitige Einspruch entscheidend.

Tipps der Redaktion

Arbeitnehmer:innen sollten den Vorschlag sorgfältig prüfen und ihn mit ihren Vorjahresangaben vergleichen. Wer regelmäßig bestimmte Kosten absetzt – etwa Fahrtkosten, Arbeitsmittel oder spezielle Versicherungen –, muss kontrollieren, ob diese im Entwurf auftauchen. Auch wenn das Verfahren bequem klingt, gilt: Augen auf, Fristen im Blick behalten und rechtzeitig handeln. Nur so lassen sich Nachteile vermeiden.

Experteneinschätzung

„Das Pilotprojekt ist ein Schritt hin zu einer modernen, digitalen Steuerverwaltung. Für Standardfälle kann es den Steuerpflichtigen erheblich entlasten. Aber es bleibt die Verantwortung, die Angaben zu kontrollieren und zu ergänzen. Wer das unterlässt, läuft Gefahr, Ansprüche zu verschenken.“

FAQ – Die 7 wichtigsten Fragen zum Pilotprojekt

Wie bekomme ich den Vorschlag vom Finanzamt?

Der Vorschlag wird dir automatisch zugeschickt, wenn du zu den ausgewählten Steuerpflichtigen gehörst. Voraussetzung ist, dass du verpflichtet warst, eine Erklärung abzugeben, diese aber nicht eingereicht hast und deine Einkünfte relativ einfach zu erfassen sind. Die Daten stammen aus offiziellen Meldungen, etwa von Arbeitgebern oder Versicherungen. Der Entwurf ersetzt die Mahnung, die du bisher erhalten hättest.

Muss ich den Vorschlag zwingend akzeptieren?

Nein, du kannst ihn prüfen und entweder stillschweigend akzeptieren oder Änderungen vornehmen. Wenn du nichts machst, wird der Entwurf nach Ablauf der Frist automatisch zum Steuerbescheid. Wenn du Ergänzungen hast, solltest du diese schriftlich und fristgerecht mitteilen. Damit stellst du sicher, dass deine individuellen Kosten berücksichtigt werden.

Welche Frist habe ich für die Prüfung?

In der Regel beträgt die Prüfungsfrist vier Wochen. Innerhalb dieses Zeitraums kannst du Widerspruch einlegen oder Änderungen vornehmen. Verpasst du die Frist, wird der Entwurf rechtskräftig. Deshalb ist es wichtig, den Vorschlag sofort zu prüfen, sobald er bei dir eingeht, und bei Bedarf schnell zu reagieren.

Kann der Entwurf fehlerhaft sein?

Ja, das ist durchaus möglich. Das Finanzamt arbeitet mit vorhandenen Daten, die jedoch unvollständig sein können. Werbungskosten wie Fahrtkosten oder Arbeitsmittel sind oft nicht erfasst. Auch außergewöhnliche Belastungen und Sonderausgaben fehlen häufig. Du solltest daher sehr genau prüfen, ob alles enthalten ist, was dir zusteht.

Bekomme ich durch den Vorschlag automatisch mehr zurück?

Nicht zwingend. Manche Steuerpflichtige berichten von höheren Rückerstattungen, weil das Finanzamt bestimmte Daten umfassender berücksichtigt. In anderen Fällen fehlen wichtige Angaben, sodass die Rückerstattung geringer ausfallen kann. Es hängt also stark von deinem Einzelfall ab, ob du profitierst oder nicht.

Was passiert, wenn ich nichts unternehme?

Wenn du nicht reagierst, wird der Entwurf nach Ablauf der Frist verbindlich. Das bedeutet, dass du auch unvollständige oder fehlerhafte Angaben akzeptierst. Nachträgliche Korrekturen sind dann schwierig und oft nur mit erheblichem Aufwand möglich. Deshalb solltest du niemals untätig bleiben.

Kann ich trotzdem freiwillig eine eigene Steuererklärung abgeben?

Ja, das kannst du. Auch wenn du einen Vorschlag bekommst, bist du nicht daran gebunden. Du kannst jederzeit deine eigene Erklärung einreichen, wenn du glaubst, dass du dadurch besser gestellt wirst. Das Finanzamt muss diese Erklärung berücksichtigen, solange du sie rechtzeitig einreichst.

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