Sonntag, September 28, 2025

Insolvenzverschleppung – Was ist das eigentlich?

Insolvenzverschleppung ist eine Straftat, die Geschäftsführer teuer zu stehen kommen kann. Wer trotz Insolvenzreife nicht rechtzeitig einen Antrag stellt, riskiert persönliche Haftung und Freiheitsstrafe. LexPilot erklärt, was du beachten musst.

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Darum geht’s in diesem Artikel – Was erwartet dich?

Du bist Geschäftsführer einer GmbH oder AG? Dann trägst du nicht nur wirtschaftliche Verantwortung, sondern auch strafrechtliches Risiko – besonders, wenn dein Unternehmen in eine Schieflage gerät. Denn ab einem gewissen Punkt reicht Abwarten nicht mehr: Du bist gesetzlich verpflichtet, rechtzeitig Insolvenz anzumelden. Wer das nicht tut, begeht Insolvenzverschleppung – eine Straftat mit gravierenden Folgen.

Viele Geschäftsführer wiegen sich in falscher Sicherheit: „Wir schaffen das noch“, „der eine Auftrag rettet uns“. Doch wenn Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung objektiv vorliegt, beginnt ein rechtlicher Countdown: Spätestens nach drei Wochen muss ein Insolvenzantrag gestellt werden. Wird diese Frist ignoriert, haftest du persönlich – und riskierst eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.

In diesem Artikel erfährst du, was genau Insolvenzverschleppung ist, wann die Pflicht zur Antragstellung beginnt, wie Gerichte den Zeitpunkt der Insolvenzreife feststellen und wie du dich als Verantwortlicher absichern kannst. Wir klären außerdem, welche strafrechtlichen und zivilrechtlichen Folgen drohen – und warum ein rechtzeitiger Antrag oft die bessere Lösung ist, als sehenden Auges ins Verderben zu laufen.

Was genau ist Insolvenzverschleppung?

Insolvenzverschleppung bedeutet, dass ein Unternehmen trotz bestehender Insolvenzreife nicht rechtzeitig einen Insolvenzantrag stellt. Rechtlich geregelt ist das in § 15a der Insolvenzordnung (InsO). Insolvenzreif ist ein Unternehmen, wenn es zahlungsunfähig (§ 17 InsO) oder überschuldet (§ 19 InsO) ist.

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn das Unternehmen nicht in der Lage ist, mindestens 90 % seiner fälligen Verbindlichkeiten innerhalb von drei Wochen zu begleichen. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen die Verbindlichkeiten nicht mehr deckt und keine positive Fortführungsprognose besteht.

Sobald einer dieser Gründe eintritt, beginnt eine starre Drei-Wochen-Frist. Innerhalb dieser Zeit muss ein Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht gestellt werden – andernfalls macht sich der Geschäftsführer strafbar.

Wer kann Insolvenzverschleppung begehen?

Die Pflicht zur rechtzeitigen Insolvenzantragstellung trifft ausschließlich Geschäftsleiter juristischer Personen. Das sind insbesondere:

  • GmbH-Geschäftsführer
  • AG-Vorstände
  • Geschäftsführer von haftungsbeschränkten Personengesellschaften (z. B. GmbH & Co. KG)
  • Liquidatoren

Einzelunternehmer, Freiberufler oder Gesellschafter einer GbR unterliegen dagegen nicht der Antragspflicht – und können daher auch keine Insolvenzverschleppung begehen.

Wichtig: Sobald du als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen bist, trägst du auch die volle rechtliche Verantwortung. Du kannst dich also nicht damit herausreden, dass du von der Krise „nichts gewusst“ hast.

Welche Strafen drohen bei Insolvenzverschleppung?

Insolvenzverschleppung ist eine Straftat gemäß § 15a Abs. 4 InsO. Die Strafe reicht:

  • bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder
  • Geldstrafe

Zusätzlich kann Insolvenzverschleppung mit einem Berufsverbot einhergehen – etwa als Geschäftsführer einer GmbH.

Zivilrechtlich haften Geschäftsführer außerdem persönlich für alle Zahlungen, die nach Eintritt der Insolvenzreife aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet wurden (§ 15b InsO). Das bedeutet: Auch wenn die GmbH eigentlich haftungsbeschränkt ist – bei verspätetem Insolvenzantrag greift dieser Schutz nicht mehr.

Wie wird der Zeitpunkt der Insolvenzreife festgestellt?

Gerichte prüfen die Insolvenzreife objektiv – anhand von betriebswirtschaftlichen Auswertungen, Kontoauszügen, Verbindlichkeitslisten und Zahlungsvorgängen.

Oft wird ein Sachverständigengutachten eingeholt, das den genauen Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bestimmt. Rückwirkend kann also sehr genau festgestellt werden, wann der Geschäftsführer hätte handeln müssen. Besonders gefährlich: Selbst gut gemeinte Zahlungen (z. B. an Mitarbeiter oder Finanzamt) nach Eintritt der Insolvenzreife können die persönliche Haftung auslösen.

Gibt es Ausnahmen oder Spielräume?

Nein. Die Drei-Wochen-Frist ist absolut. Sie dient ausschließlich der Prüfung, ob eine Sanierung realistisch ist – sie ist keine Schonfrist. Wer in dieser Zeit nicht handelt oder bewusst abwartet, läuft voll ins Haftungsrisiko.

Auch ein „Versäumnis aus Unwissenheit“ schützt nicht – denn Geschäftsführer sind gesetzlich verpflichtet, sich laufend über die wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens zu informieren.

Tipps der Redaktion

Insolvenzverschleppung ist kein Kavaliersdelikt – du kannst dich aber schützen:

✅ Regelmäßige Liquiditätsprüfung durchführen
✅ Krisensignale ernst nehmen
✅ Sanierungschancen realistisch bewerten
✅ Bei Zahlungsunfähigkeit sofort Rechtsrat einholen
✅ Hilfe findest du auch jederzeit auf unserer Hauptseite:
https://lexpilot.onepage.me

Experteneinschätzung

„Insolvenzverschleppung ist eines der am meisten unterschätzten Risiken für GmbH-Geschäftsführer – mit enormer persönlicher Tragweite. Viele Unternehmer handeln aus Angst, Hoffnung oder schlicht Unkenntnis zu spät. Doch das Gesetz kennt hier keine Grauzonen: Wer nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nicht innerhalb von drei Wochen einen Insolvenzantrag stellt, macht sich strafbar und haftet persönlich. Das ist eine der wenigen Situationen, in denen die Haftungsbegrenzung der GmbH aufgehoben wird – mit voller Härte.

In der Praxis erleben wir oft, dass Geschäftsführer in guten Zeiten kaum ein Bewusstsein dafür entwickeln, was es bedeutet, insolvenzreif zu sein. Stattdessen wird weitergemacht, werden einzelne Gläubiger bevorzugt bedient oder Steuern gezahlt – in der Hoffnung auf den nächsten großen Auftrag. Doch sobald ein unabhängiger Dritter – etwa ein Insolvenzverwalter oder ein Gericht – rückwirkend prüft, wann die Krise begann, zählt jeder Cent. Und dann wird jeder Zahlungsvorgang analysiert.

Besonders gefährlich ist die Haltung „Wir kommen da schon durch“. Gerade die Drei-Wochen-Frist dient nicht der Verlängerung des Geschäftsbetriebs, sondern allein dazu, rechtzeitig und rechtssicher über eine Sanierung oder die Insolvenzeröffnung zu entscheiden. Wer diese Frist ignoriert, verliert nicht nur unternehmerische Handlungsfreiheit – sondern gefährdet auch das eigene Privatvermögen, seine Reputation und unter Umständen sogar die Freiheit.

Mein Rat an jeden Geschäftsführer: Lass regelmäßig Liquiditätsstatus und Vermögenslage von Profis prüfen. Wenn sich erste Anzeichen einer Krise zeigen, dokumentiere jeden Schritt – und hole frühzeitig juristischen Rat ein. Insolvenz ist kein Makel. Aber Insolvenzverschleppung ist ein Straftatbestand – mit Folgen, die sich vermeiden lassen.“

Björn Kasper, Rechtsanwalt

FAQ – Die 7 wichtigsten Fragen zum Thema

Was ist Insolvenzverschleppung genau?
Insolvenzverschleppung liegt vor, wenn ein Geschäftsführer trotz bestehender Insolvenzreife nicht rechtzeitig – innerhalb von drei Wochen – einen Insolvenzantrag stellt. Die Insolvenzreife ist erreicht, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist. In Deutschland ist diese Pflicht gesetzlich geregelt und zwingend.

Wer kann Insolvenzverschleppung begehen?
Nur Geschäftsleiter juristischer Personen – also Geschäftsführer einer GmbH, Vorstände einer AG oder auch Liquidatoren – sind zur Antragstellung verpflichtet. Einzelunternehmer oder GbR-Gesellschafter sind davon nicht betroffen, da sie nicht unter § 15a InsO fallen.

Welche Strafen drohen bei Insolvenzverschleppung?
Die Insolvenzverschleppung ist ein Straftatbestand und wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Zudem haftet der Geschäftsführer persönlich für alle Zahlungen, die nach Eintritt der Insolvenzreife erfolgen – auch wenn sie aus betrieblichen Gründen geleistet wurden.

Wie kann ich als Geschäftsführer Insolvenzverschleppung vermeiden?
Indem du regelmäßig die wirtschaftliche Lage deines Unternehmens überprüfst, Buchhaltung und Liquiditätsstatus stets aktuell hältst und bei ersten Krisensignalen frühzeitig professionellen Rechtsrat einholst. Wichtig ist, bei Eintritt der Insolvenzreife sofort zu reagieren.

Gibt es Spielraum bei der Drei-Wochen-Frist?
Nein. Die Frist ist gesetzlich fix und dient ausschließlich zur Prüfung einer Sanierungsfähigkeit. Wer nach Ablauf dieser Frist noch keinen Antrag gestellt hat, macht sich strafbar – unabhängig von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung.

Was bedeutet Insolvenzverschleppung für mein Privatvermögen?
Die Haftungsbeschränkung der GmbH greift nicht mehr. Du haftest persönlich mit deinem Privatvermögen für alle Zahlungen, die nach Eintritt der Insolvenzreife erfolgt sind. Zudem können Gläubiger dich direkt in Anspruch nehmen.

Wo finde ich Hilfe bei drohender Insolvenz?
LexPilot bietet dir fundierte Informationen, verständliche Artikel und Zugriff auf spezialisierte Rechtsanwälte im Insolvenzrecht. Je früher du handelst, desto größer sind die Chancen auf Schadensbegrenzung und eine geregelte Lösung.

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