Darum geht’s in diesem Artikel – Was erwartet dich?
Wenn dein Zuhause kein Ort der Sicherheit mehr ist, sondern zum täglichen Spießrutenlauf wird, darfst du eines niemals glauben: dass du dem hilflos ausgeliefert bist. Viele Betroffene leben mit der Angst – vor Schlägen, vor Kontrolle, vor seelischem Druck. Es beginnt oft subtil: Beleidigungen, Drohungen, Isolation. Doch wenn die Angst Alltag wird, ist es Zeit zu handeln.
Das deutsche Gewaltschutzgesetz gibt dir dafür ein kraftvolles Werkzeug in die Hand: den Gewaltschutzantrag. Damit kannst du beim Familiengericht beantragen, dass dein Partner, Ex-Partner oder ein anderer gewaltbereiter Mensch sich dir nicht mehr nähern, dich nicht mehr kontaktieren und im Zweifel sogar die Wohnung verlassen muss. Das geht oft schneller, als viele denken – innerhalb von Stunden kann das Gericht eine einstweilige Anordnung treffen.
In diesem Artikel erfährst du, was ein Gewaltschutzantrag ist, wann du ihn stellen kannst und wie das Verfahren abläuft. Du bekommst eine klare Übersicht über die rechtlichen Grundlagen, die Anforderungen, die nötigen Unterlagen – und auch über deine Rechte, wenn der Täter sich nicht an das Verbot hält. Dazu gibt es konkrete Tipps aus der Praxis, echte Fallbeispiele und Antworten auf die häufigsten Fragen. Klar, verständlich, rechtssicher – LexPilot zeigt dir, wie du dich wirksam schützt.
Was ist ein Gewaltschutzantrag?
Ein Gewaltschutzantrag ist ein Antrag an das zuständige Familiengericht, mit dem Betroffene von Gewalt oder Bedrohung gerichtliche Schutzmaßnahmen erwirken können. Rechtsgrundlage ist das Gewaltschutzgesetz (GewSchG), das speziell dafür geschaffen wurde, Menschen vor häuslicher Gewalt, Stalking und Bedrohung zu schützen – unabhängig von einem Strafverfahren.
Der Antrag richtet sich in der Regel gegen eine Person aus dem persönlichen Umfeld: Partner, Ex-Partner, Familienangehörige oder Mitbewohner. Das Gericht kann auf Antrag unter anderem Kontaktverbote, Annäherungsverbote und Wohnungszuweisungen anordnen. Diese Maßnahmen gelten sofort und sind verbindlich – Verstöße können mit Geldbußen oder Haft geahndet werden.
Wann ist ein Gewaltschutzantrag möglich?
Voraussetzungen laut Gesetz
Nach § 1 GewSchG muss eine vorsätzliche Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit erfolgt sein – oder eine glaubhafte Drohung damit. Es reicht also nicht bloß ein ungutes Gefühl, sondern eine nachvollziehbare Gefahr für Leib oder Leben. Auch massive Belästigungen oder wiederholtes Auflauern können darunterfallen, wenn sie die Lebensführung erheblich beeinträchtigen.
Typische Fallkonstellationen
Ein Gewaltschutzantrag kommt zum Beispiel infrage, wenn
- der Partner oder Ex-Partner dich körperlich angegriffen hat
- dir wiederholt mit Gewalt oder „etwas Schlimmem“ gedroht wurde
- du von jemandem verfolgt oder kontrolliert wirst (Stalking)
- du deine Wohnung nur noch mit Angst betrittst, weil der Täter dort ist oder jederzeit auftauchen könnte
Die Gewalt muss nicht wiederholt oder schwerwiegend gewesen sein – auch eine einzige Tat kann ausreichen, wenn sie schwer wiegt oder Wiederholungsgefahr besteht.
Welche Maßnahmen kann das Gericht treffen?
Kontaktverbot
Das Gericht kann dem Antragsgegner jeglichen Kontakt zu dir untersagen – persönlich, telefonisch, per Nachricht oder über soziale Medien. Auch eine mittelbare Kontaktaufnahme, etwa über Freunde oder Verwandte, kann untersagt werden.
Näherungsverbot
Dem Täter kann verboten werden, sich dir auf eine bestimmte Entfernung (zum Beispiel 100 Meter) zu nähern – sei es an deiner Wohnung, deinem Arbeitsplatz, der Schule deiner Kinder oder an anderen typischen Aufenthaltsorten. Dieses Verbot kann auf alle Orte ausgeweitet werden, an denen du dich regelmäßig aufhältst.
Wohnungsüberlassung
Wenn ihr zusammenwohnt, kann das Gericht dir vorübergehend die Wohnung zur alleinigen Nutzung zusprechen – selbst wenn der Täter Hauptmieter oder Eigentümer ist. Das Familiengericht prüft dann, wessen Schutzinteresse überwiegt. Gerade bei gemeinsamer elterlicher Sorge oder kleinen Kindern wird dies oft zugunsten des Opfers entschieden.
Weitere Anordnungen
Das Gericht kann zusätzliche Maßnahmen treffen, die zur Gefahrenabwehr erforderlich sind – zum Beispiel das Verbot, bestimmte Straßen, Einrichtungen oder Veranstaltungen zu betreten. Auch Besitzverhältnisse an der Wohnung oder anderen Gegenständen spielen für den Gewaltschutz zunächst keine Rolle.
Wie läuft das Verfahren ab?
Antragstellung beim Familiengericht
Der Antrag wird schriftlich beim Familiengericht eingereicht, das für den Wohnsitz des Opfers zuständig ist. Du kannst den Antrag mit einem Rechtsanwalt stellen oder dich an die Rechtsantragsstelle des Gerichts wenden. Wichtig ist eine nachvollziehbare Darstellung des Sachverhalts – mit konkreten Zeitpunkten, Tathergängen und Belegen.
Glaubhaftmachung nach § 294 ZPO
Damit das Gericht handeln kann, musst du die behaupteten Tatsachen glaubhaft machen. Das geht durch eidesstattliche Versicherungen, ärztliche Atteste, Fotos, Screenshots oder Polizeiberichte. Je klarer und nachvollziehbarer du den Ablauf schilderst, desto schneller reagiert das Gericht.
Eilverfahren bei Gefahr im Verzug
Bei akuter Gefahr erlässt das Gericht oft noch am selben Tag eine einstweilige Anordnung – ohne Anhörung des Gegners. Dieser wird dann erst im nächsten Schritt angehört. Das Gericht kann später eine mündliche Verhandlung anberaumen oder die einstweilige Verfügung in eine Hauptsacheentscheidung überführen.
Zustellung und Wirksamkeit
Die gerichtliche Anordnung wird dem Täter durch Gerichtsvollzieher oder Polizei zugestellt. Ab diesem Moment gilt das Kontakt- und Näherungsverbot. Auch Dritte – etwa die Polizei, das Jugendamt oder dein Arbeitgeber – können über die Anordnung informiert werden, wenn das notwendig ist.
Was passiert bei Verstoß gegen die Anordnung?
Wenn der Täter sich nicht an die gerichtliche Verfügung hält, drohen empfindliche Konsequenzen. Verstöße gegen das Kontakt- oder Näherungsverbot können mit Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten geahndet werden (§ 890 ZPO). In besonders schweren Fällen droht zusätzlich eine Strafanzeige – etwa wegen Hausfriedensbruch, Nachstellung oder Bedrohung.
Die Polizei darf bei Verstößen sofort eingreifen – etwa den Täter aus der Wohnung entfernen oder ihn in Gewahrsam nehmen. Jede Missachtung der Anordnung sollte dokumentiert und sofort gemeldet werden. Wiederholte Verstöße erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass das Gericht weitere Maßnahmen anordnet – bis hin zu längerfristigen Schutzverfügungen.
Tipps der Redaktion
Ein Gewaltschutzantrag kann dein Leben innerhalb weniger Stunden verändern – vorausgesetzt, du bist vorbereitet. Sammle frühzeitig alle Beweise, sprich mit Zeugen, sichere Nachrichten und suche dir rechtliche Unterstützung. Auch Frauenhäuser, Opferhilfeeinrichtungen oder die Polizei können dir helfen, den ersten Schritt zu gehen.
✅ Schreibe eine detaillierte Schilderung des Vorfalls mit Datum und Uhrzeit
✅ Sammle Beweismittel: Atteste, Fotos, Screenshots, Polizeiberichte
✅ Stelle den Antrag beim Familiengericht oder mit anwaltlicher Hilfe
✅ Bestehe auf einer einstweiligen Anordnung bei akuter Gefahr
✅ Reagiere sofort, wenn der Täter sich nicht an das Verbot hält
✅ Melde Verstöße der Polizei – auch bei kleinsten Kontaktversuchen
✅ Ziehe Hilfsangebote wie Opferberatung, Frauenhäuser oder die „Beratungsstelle Gewaltschutz“ hinzu
Hilfe findest du auch jederzeit auf unserer Hauptseite:
Experteneinschätzung
„Das Gewaltschutzgesetz ist eines der stärksten Schutzinstrumente für Betroffene häuslicher Gewalt – aber es muss konsequent genutzt werden. Wer bedroht wird, sollte keine falsche Scham haben, sondern juristisch klare Grenzen setzen. Die Gerichte sind bereit zu helfen – man muss sie nur einschalten.“
Björn Kasper, Rechtsanwalt
FAQ – Die 7 wichtigsten Fragen zum Thema
Wie schnell kann ich einen Gewaltschutzantrag stellen?
Der Antrag kann jederzeit beim Familiengericht gestellt werden – auch ohne Anwalt. Bei akuter Gefahr entscheidet das Gericht oft noch am selben Tag im Eilverfahren. Eine erste einstweilige Anordnung ist meist innerhalb von 24 Stunden möglich.
Brauche ich eine Strafanzeige, um einen Gewaltschutzantrag zu stellen?
Nein, eine Strafanzeige ist nicht notwendig. Der Schutzanspruch besteht unabhängig vom Strafrecht. Allerdings kann eine Anzeige als zusätzliches Beweismittel hilfreich sein und die Glaubhaftmachung stützen.
Was muss ich dem Gericht vorlegen?
Du solltest eine möglichst detaillierte Darstellung des Vorfalls, eventuelle Beweise wie Fotos, Arztberichte, Screenshots von Nachrichten sowie eidesstattliche Versicherungen einreichen. Auch Zeugenaussagen oder Polizeiprotokolle können wichtig sein.
Was passiert, wenn der Täter gegen das Verbot verstößt?
Dann droht ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten. Außerdem kann die Polizei einschreiten, und es kann eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch, Nachstellung oder Bedrohung folgen.
Kann ich den Antrag auch ohne Anwalt stellen?
Ja. Du kannst dich an die Rechtsantragsstelle des zuständigen Familiengerichts wenden. Für die erste Antragstellung brauchst du keine anwaltliche Vertretung – dennoch ist anwaltlicher Rat dringend zu empfehlen, um Fehler zu vermeiden.
Wie lange gilt die gerichtliche Anordnung?
Das entscheidet das Gericht. Die meisten einstweiligen Anordnungen gelten zunächst für sechs Monate. Eine Verlängerung oder eine endgültige Regelung im Hauptsacheverfahren ist möglich, wenn die Gefährdungslage fortbesteht.
Darf der Täter trotz Verbot mit mir über die Kinder sprechen?
Nur wenn das Gericht eine entsprechende Ausnahme zulässt. In Fällen gemeinsamer elterlicher Sorge wird häufig geregelt, dass Kommunikation über Kinder ausschließlich schriftlich über Dritte oder das Jugendamt erfolgen darf.