Darum geht’s in diesem Artikel – Was erwartet dich?
Es klingt fast zu gut, um wahr zu sein: Wer sein Netflix-Abo seit Jahren zahlt, könnte Anspruch auf Rückzahlung mehrerer Hundert Euro haben. Denn das Landgericht Köln hat entschieden, dass gleich mehrere Preiserhöhungen von Netflix rechtswidrig waren. Das Urteil hat Signalwirkung – und könnte Hunderttausende betreffen. In diesem Artikel erfährst du, wie du deine zu viel gezahlten Beiträge jetzt zurückfordern kannst, welche juristischen Hintergründe das Urteil hat und worauf du bei der Durchsetzung achten musst.
Netflix-Urteil des LG Köln: Was genau wurde entschieden?
Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 15. Mai 2025 (Az. 6 S 114/23) festgestellt, dass drei Preiserhöhungen von Netflix – aus den Jahren 2017, 2019 und 2022 – unzulässig waren. Die Kammer stellte klar: Weder lag eine wirksame Zustimmung der Kunden vor, noch durfte Netflix die Preise einseitig ändern. Die verwendeten Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien laut Gericht unwirksam.
Das bedeutet konkret: Netflix hat die monatlichen Gebühren zwar angehoben – von 11,99 € auf 13,99 €, dann auf 15,99 € und später auf 17,99 € – doch rechtlich durfte das Unternehmen das so nicht tun. Ohne ausdrückliche und wirksame Zustimmung der Kunden liegt kein Vertrag über die neuen Preise vor.
Warum sind die Preiserhöhungen unwirksam?
Das Gericht prüfte zwei zentrale Fragen:
- Gab es eine wirksame Vertragsänderung durch Zustimmung?
Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass Netflix seine Kunden lediglich per E-Mail und durch eingeblendete Banner („Preiserhöhung zustimmen“) informierte – ohne dass klar war, dass es sich um ein echtes Vertragsangebot handelt. Die Zustimmung sei nicht freiwillig und transparent erfolgt, sondern suggerierte eine automatische Erhöhung. - Darf Netflix einseitig die Preise erhöhen?
Auch hier urteilte das Gericht eindeutig: Die entsprechende AGB-Klausel von Netflix verstößt gegen § 307 BGB und ist damit unwirksam. Netflix darf sich kein einseitiges Änderungsrecht vorbehalten, ohne den Kunden eine faire Gegenleistung (etwa Preissenkung bei Kostensenkung) zuzugestehen.
Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB
Weil die erhöhten Beträge ohne Rechtsgrund vereinnahmt wurden, sprach das Gericht dem Kläger einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 191,60 € zu – inklusive Zinsen seit Oktober 2022. Grundlage dafür ist § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB („Leistung ohne rechtlichen Grund“). Der Kläger war nicht verpflichtet, mehr als den ursprünglich vereinbarten Preis zu zahlen – und Netflix musste das Geld zurückgeben.
Wichtig: Rückforderungen sind für alle Zahlungen ab dem Jahr 2019 möglich. Ältere Beträge sind allerdings verjährt.
Tipps der Redaktion
Hilfe findest du auch jederzeit auf unserer Hauptseite.
- Betroffene Kunden sollten ihre Kontoauszüge ab 2019 prüfen.
- Berechne die Differenz zur ursprünglich vereinbarten Monatsgebühr.
- Nutze ein rechtssicheres Musterschreiben (z. B. von WBS.LEGAL oder deiner Verbraucherzentrale).
- Versende die Rückforderung schriftlich und per Einwurf-Einschreiben.
- Setze eine zweiwöchige Zahlungsfrist und kündige gerichtliche Schritte an.
- Bei Ablehnung: Einschaltung eines Anwalts oder Klage auf Rückzahlung möglich.
Eine kurze rechtliche Einschätzung durch die Expertenbrille
„Dieses Urteil ist ein Meilenstein im digitalen Vertragsrecht. Der Versuch von Netflix, einseitige Preiserhöhungen durchzusetzen, ist gescheitert. Das Landgericht Köln hat mit überzeugender Klarheit die Rechte der Verbraucher gestärkt – und gezeigt, dass auch globale Plattformen sich an deutsches Vertragsrecht halten müssen.“
Björn Kasper, Rechtsanwalt
FAQ – Die häufigsten Fragen zum Urteil gegen Netflix
1. Ab wann kann ich zu viel gezahlte Beiträge zurückfordern?
Du kannst Rückzahlungen für alle Monate ab Januar 2019 fordern, sofern du damals einem niedrigeren Preis zugestimmt hattest. Die Erhöhungen aus 2017 und 2018 sind laut Urteil verjährt.
2. Wie berechne ich meinen Rückforderungsbetrag?
Vergleiche die ursprünglich vereinbarte Monatsgebühr mit dem aktuell gezahlten Betrag. Multipliziere die monatliche Differenz mit der Zahl der betroffenen Monate. Beispiel: 3 € Differenz x 24 Monate = 72 € Rückforderung.
3. Muss ich beweisen, dass ich nicht zugestimmt habe?
Nein. Netflix muss beweisen, dass du ausdrücklich zugestimmt hast – und genau das konnte das Unternehmen im entschiedenen Fall nicht.
4. Was ist, wenn ich die Banner-Anzeige damals angeklickt habe?
Selbst dann liegt laut Gericht keine wirksame Zustimmung vor, wenn das Textfeld keine echte Entscheidungsfreiheit vermittelte. Eine scheinbare Zustimmung reicht nicht aus.
5. Gibt es eine Frist für die Rückforderung?
Ja, Rückforderungen unterliegen der regelmäßigen Verjährung nach drei Jahren. Ansprüche für 2019 verjähren zum 31.12.2025.
6. Kann ich Netflix verklagen, wenn sie nicht zahlen?
Ja. Du kannst den Rückforderungsbetrag auch einklagen. Die Erfolgsaussichten sind nach dem Urteil des LG Köln hoch – besonders bei gleichgelagerten Fallkonstellationen.
7. Was ist mit anderen Streamingdiensten wie DAZN oder Disney+?
Das Urteil betrifft nur Netflix. Aber: Auch bei anderen Plattformen könnten vergleichbare Klauseln rechtswidrig sein. Eine Einzelfallprüfung lohnt sich.