Darum geht’s in diesem Artikel:
Verbraucher vertrauen auf Siegel, Begriffe und Werbeaussagen – besonders wenn es um Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit geht. Doch was, wenn „biobasiert“ nur die halbe Wahrheit sagt? Ein aktuelles Urteil des Kammergerichts Berlin bringt Licht in eine Grauzone der Green-Marketing-Strategien. In diesem Artikel erfährst du, was genau entschieden wurde, warum das Urteil so wichtig ist – und wie du dich vor irreführender Werbung mit „biobasierten“ Versprechen schützen kannst.
Die Verpackung sieht ökologisch aus, der Deckel wirkt nachhaltig, und dann prangt da noch das Wort „biobasiert“ auf der Vorderseite – ein Versprechen, das Vertrauen schaffen soll. Doch hinter dieser Aussage kann sich mehr verbergen als viele Verbraucher ahnen. Genau darum ging es im Fall der VF Nutrition GmbH, die für einen Pflanzendrink mit der Angabe „Verpackung und Deckel sind biobasiert“ warb. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) klagte – und bekam in zweiter Instanz Recht. Das Urteil zeigt klar: Wer mit Umweltbegriffen wirbt, muss liefern. Und zwar deutlich und transparent.
Der Fall: Was war passiert?
Die VF Nutrition GmbH vertrieb das Produkt „vly Ungesüßt“ – eine pflanzliche Milchalternative aus Erbsenprotein – und bewarb es mit dem Hinweis: „Verpackung und Deckel sind biobasiert.“ Für viele Verbraucher war das ein starkes Signal: umweltfreundlich, nachhaltig, plastikfrei – so zumindest die Assoziation. Doch ein kleines Sternchen führte lediglich auf einen unauffälligen Hinweis auf der Website. Dort erfuhren die Besucher – wenn sie gezielt suchten –, dass die Verpackung tatsächlich nur zu 82 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen bestand. Der Rest: fossile Bestandteile.
Die Entscheidung: Was das Kammergericht klarstellte
Das Kammergericht Berlin (Az. 5 U 103/22) bestätigte die Auffassung des vzbv: Die Werbung sei irreführend. Der Begriff „biobasiert“ sei mehrdeutig und könne beim Verbraucher die Erwartung erwecken, dass es sich um eine vollständig auf nachwachsenden Rohstoffen basierende Verpackung handele. Genau das sei hier nicht der Fall – und der Sternchenhinweis auf die Website reiche nicht aus, um diese Irreführung zu verhindern. Denn nur ein verschwindend geringer Teil der Verbraucher informiere sich vor dem Kauf auf der Website des Herstellers über Details zur Verpackung.
Das Gericht betonte zudem, dass für Begriffe wie „bio“ oder „umweltfreundlich“ besonders strenge Anforderungen gelten. Wenn ein Begriff potenziell mehrdeutig sei, müsse der werbende Hersteller bereits auf der Verpackung selbst für Klarheit sorgen. Eine nachgelagerte Erläuterung – etwa online – sei unzureichend. Das Urteil stellt damit klarstellende Anforderungen an Transparenz und Deutlichkeit bei Umweltaussagen.
Warum das Urteil wichtig ist
Das Kammergericht korrigierte damit ein früheres Urteil des Landgerichts Berlin (Az. 103 O 122/21), das die Klage des vzbv noch abgewiesen hatte. Für Verbraucher bedeutet die Entscheidung mehr Schutz vor Greenwashing – also dem bewussten Erwecken eines umweltfreundlichen Images, das nicht den Tatsachen entspricht. Für Unternehmen wird die Luft dünner: Wer mit Nachhaltigkeit wirbt, muss ehrlich sein.
Das Urteil stärkt auch die Position der Verbraucherzentralen, die regelmäßig gegen irreführende Umweltwerbung vorgehen. Es zeigt, dass rechtliche Mittel gegen irreführende Bio-Claims wirken können – und dass das Verbraucherrecht im Bereich der Umweltkommunikation weiter an Bedeutung gewinnt.
Tipps der Redaktion
Wenn du beim Einkauf auf nachhaltige Produkte achtest, dann gilt: Vertraue nicht nur auf Werbeslogans wie „biobasiert“, „natürlich“ oder „klimaneutral“. Prüfe, ob weitere Informationen direkt auf der Verpackung stehen oder einfach zu finden sind. Denn oft verstecken sich die entscheidenden Hinweise im Kleingedruckten oder auf Internetseiten, die kaum ein Käufer vor dem Kaufbesuch ansteuert.
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Eine kurze rechtliche Einschätzung durch die Expertenbrille
Das Urteil des Kammergerichts Berlin ist ein wichtiger Meilenstein im Verbraucher- und Werberecht. Es verankert hohe Anforderungen an die Deutlichkeit von Umweltbegriffen in der Produktwerbung und schützt vor der Täuschung durch sogenannte Bio-Angaben, die keine sind. Aus anwaltlicher Sicht ist der Fall auch für andere Anbieter mit „grünen“ Versprechen von großer Relevanz. Denn eine irreführende Werbung kann nicht nur abgemahnt, sondern auch untersagt werden – mit möglichen Kostenfolgen.
Björn Kasper, Rechtsanwalt