Darum geht’s in diesem Artikel:
Schönheitskliniken, die mit eindrucksvollen Vorher-Nachher-Bildern werben, bewegen sich juristisch auf dünnem Eis. Das Oberlandesgericht Hamm hat ein deutliches Zeichen gesetzt: Derartige Werbung ist bei ästhetischen Eingriffen ohne medizinische Notwendigkeit verboten. Selbst Behandlungen mit Hyaluronsäure-Fillern, die minimalinvasiv wirken, gelten nach dem Urteil als plastisch-chirurgische Eingriffe – mit allen rechtlichen Konsequenzen. Was das konkret bedeutet, wie sich Anbieter jetzt umstellen müssen und welche Rolle der Verbraucherschutz spielt, liest du hier.
OLG Hamm: Hyaluronsäure-Eingriffe sind „operative Eingriffe am Körper“
Im Fokus des Rechtsstreits stand ein Anbieter aus Recklinghausen, der auf Social Media, insbesondere Instagram, mit Vorher-Nachher-Fotos für seine Gesichtsbehandlungen warb. Dabei handelte es sich um Unterspritzungen von Lippen, Nase, Kinn und weiteren Gesichtsbereichen – mithilfe von Hyaluronsäure. Die Verbraucherschutzzentrale NRW sah darin einen klaren Verstoß gegen § 11 HWG (Heilmittelwerbegesetz) und klagte.
Das OLG Hamm entschied deutlich: Auch wenn es sich nicht um einen klassischen chirurgischen Eingriff im OP-Saal handelt, genügt bereits ein „instrumenteller Eingriff am oder im Körper des Menschen“, der zu einer „Gestaltveränderung“ führt, um unter das Werbeverbot des HWG zu fallen.
Behandlungen mit Hyaluronsäure sind demnach keine kosmetischen Bagatellen, sondern medizinrechtlich relevante Eingriffe.
§ 11 HWG: Schutz vor unrealistischen Erwartungen
Der Gesetzgeber hat mit § 11 HWG bewusst ein Werbeverbot für medizinisch nicht notwendige Eingriffe geschaffen, wenn diese mit Vorher-Nachher-Bildern beworben werden. Der Grund: Solche Bilder erzeugen oft unrealistische Vorstellungen vom Ergebnis und senken die Hemmschwelle für risikobehaftete Eingriffe.
Werbung mit konkreten Behandlungsergebnissen kann gerade im Bereich der Schönheitsmedizin ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln – und Konsumenten zur Nachahmung motivieren, obwohl medizinisch keine Indikation besteht. Der Verbraucherschutz steht deshalb über dem wirtschaftlichen Interesse der Anbieter.
Bedeutung für Anbieter: Was jetzt beachtet werden muss
Das Urteil betrifft nicht nur invasive Operationen wie Brustvergrößerungen oder Fettabsaugungen, sondern ausdrücklich auch minimalinvasive Verfahren wie Unterspritzungen oder Faltenbehandlungen mit Fillern.
Für Anbieter bedeutet das:
- Keine Vorher-Nachher-Bilder mehr in der öffentlichen Werbung.
- Auch Social Media-Kanäle wie Instagram oder TikTok sind betroffen.
- Eine Differenzierung nach „kleinem Eingriff“ oder „nicht-operativ“ greift rechtlich nicht.
Verfahrensrechtlich bemerkenswert: Erste Entscheidung nach neuer Regelung
Das OLG Hamm hat in diesem Fall erstmals als Eingangsinstanz entschieden – und zwar auf Basis der neuen Regelung des § 6 Abs. 1 UKlaG, die seit Oktober 2023 gilt. Normalerweise sind für solche Unterlassungsklagen die Landgerichte zuständig. Die neue Zuständigkeitsregelung erlaubt es ausgewählten Oberlandesgerichten, in bestimmten Fällen direkt erstinstanzlich zu entscheiden.
Auch die Revision ist bereits anhängig – unter dem Aktenzeichen I ZR 170/24 beim Bundesgerichtshof. Ob die höchstrichterliche Rechtsprechung das Werbeverbot bestätigt, bleibt abzuwarten. Bis dahin gilt: Anbieter sollten sich in jedem Fall auf das Urteil des OLG Hamm einstellen.
Tipps der Redaktion
Wenn du in der Beauty-Branche tätig bist, solltest du deine Werbekampagnen dringend prüfen. Selbst gut gemeinte Darstellungen auf Instagram oder in Online-Shops können abgemahnt werden – mit kostspieligen Folgen. Setze lieber auf sachliche Informationen statt auf Bildvergleiche. Falls du unsicher bist, was erlaubt ist, lass deine Werbematerialien rechtlich checken.
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