Insolvenz heißt nicht Enteignung – das darfst du wirklich behalten
Viele glauben, dass mit dem Insolvenzantrag sofort das gesamte Hab und Gut weg ist. Doch das stimmt nicht. Die Insolvenzordnung schützt dein Existenzminimum – und damit auch bestimmte Gegenstände des täglichen Lebens.
Wichtig ist: Nicht alles, was du besitzt, darf der Insolvenzverwalter verwerten.
In diesem Artikel erfährst du, was du im Insolvenzverfahren behalten darfst, wo die Grenzen liegen, und wie du deinen Alltag trotz laufendem Verfahren organisieren kannst – mit Auto, Handy, Wohnung und mehr.
Muss ich alles abgeben?
Nein. Die Insolvenz bedeutet nicht, dass dir alles genommen wird. Der Insolvenzverwalter darf nur solches Vermögen verwerten, das:
- dir gehört (kein Fremdeigentum)
- verwertbar ist (also verkäuflich)
- nicht unter die Ausnahmeregeln der ZPO fällt
Unpfändbar bleiben alle Dinge, die du für ein menschenwürdiges Leben oder zur Berufsausübung brauchst (§ 811 ZPO).
Darf ich mein Auto behalten?
Das kommt darauf an:
Ja, wenn das Fahrzeug
- notwendig ist, um zur Arbeit zu kommen,
- zur Pflege Angehöriger gebraucht wird,
- von geringem Verkaufswert ist,
- bereits finanziert oder geleast ist (Eigentum liegt oft bei der Bank).
Nein, wenn
- du es nur „zum Privatvergnügen“ nutzt,
- es ein Luxusfahrzeug ist,
- es sich um ein Zweit- oder Drittwagen handelt.
Tipp: Dokumentiere die berufliche Notwendigkeit – z. B. durch Arbeitsweg-Bescheinigungen oder Pflegedokumentation. So erhöhst du die Chance, das Auto zu behalten.
Was ist mit Handy, Laptop, Tablet?
Diese Geräte sind in der Regel unpfändbar, wenn sie:
- für den täglichen Lebensbedarf notwendig sind,
- für Beruf oder Ausbildung gebraucht werden,
- nicht übermäßig wertvoll sind (also kein iPhone Pro Max für 2.000 €).
Besonders wichtig bei Schülern, Studierenden, Berufstätigen im Homeoffice oder bei Alleinerziehenden.
Tipp: Führe die Geräte in der Vermögensübersicht auf, aber mit Hinweis auf Nutzung und Zweck.
Was passiert mit meiner Wohnung?
Die Wohnung selbst gehört dir meist nicht – du bist Mieter. Daher:
- Das Mietverhältnis bleibt bestehen – der Insolvenzverwalter kündigt nicht.
- Rückstände vor dem Insolvenzantrag werden Teil der Insolvenzmasse.
- Laufende Miete musst du pünktlich weiterzahlen – sonst droht Kündigung.
Achtung: Wenn dein Vermieter vor Antragstellung bereits gekündigt hat, kann das nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Was ist mit Möbeln, Kleidung, Haushaltsgeräten?
Diese Sachen sind unpfändbar, solange sie einfach und notwendig sind:
- Kleidung, Schuhe, Bettwäsche
- Kühlschrank, Herd, Waschmaschine
- Tisch, Stühle, Schränke
- Fernseher (Standardmodell), Radio, Küchengeräte
Nicht geschützt sind:
- teure Markeneinrichtung
- Sammlerstücke (z. B. Designerlampen, Kunst)
- Luxusausstattung, Zweitgeräte, Schmuck
Der Insolvenzverwalter entscheidet immer im Einzelfall – und wirtschaftlich. Was kaum etwas einbringt, wird nicht verwertet.
Was ist mit Versicherungen, Sparverträgen, Riester?
- Rentenversicherungen mit pfändungsgeschütztem Charakter sind in der Regel unantastbar (§ 851c ZPO)
- Lebensversicherungen können gekündigt und verwertet werden – abhängig vom Rückkaufswert
- Sparverträge sind pfändbar, sofern sie nicht für Altersvorsorge gesichert sind
- Riester-Verträge sind geschützt – sofern gefördert und korrekt abgeschlossen
Hier gilt: Unbedingt anwaltlich prüfen lassen, bevor du kündigst oder aufgibst.
Tipps der Redaktion
Du musst nicht dein gesamtes Leben abgeben, wenn du in die Insolvenz gehst. Das Gesetz schützt dich – und viele Dinge des Alltags gehören dir weiterhin. Sei transparent, führe alle Gegenstände korrekt auf, und belege ihre Notwendigkeit. So vermeidest du Missverständnisse mit dem Insolvenzverwalter und sicherst dir ein menschenwürdiges Leben – mit Dach über dem Kopf, Mobilität und digitaler Teilhabe.