Du warst über längere Zeit krank und konntest deinen Urlaub nicht nehmen? Dann hast du womöglich Anspruch auf Auszahlung. Viele Arbeitnehmer lassen sich hier zu schnell abspeisen. Doch das Bundesarbeitsgericht und der Europäische Gerichtshof haben klare Regeln aufgestellt: Urlaub darf bei Krankheit nicht einfach verfallen. Und in bestimmten Fällen muss er sogar in Geld ausgezahlt werden.
In diesem Artikel erfährst du, wann Urlaubsansprüche trotz Krankheit bestehen bleiben, wann du sie ausgezahlt bekommst – und wie du dich wehrst, wenn der Arbeitgeber sich weigert.
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Wann verfällt Urlaub – und wann nicht?
Nach § 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) muss der Urlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Wird er nicht genommen, verfällt er am 31. Dezember – außer es liegen dringende Gründe vor, etwa Krankheit.
Wenn du krank warst und deshalb deinen Urlaub nicht nehmen konntest, bleibt dein Anspruch erhalten – und zwar bis zu 15 Monate über das Jahresende hinaus. Das bedeutet: Urlaub aus dem Jahr 2023 verfällt erst zum 31. März 2025, wenn du bis dahin weiterhin krank warst.
Diese Verlängerung gilt aber nur, wenn du wegen der Krankheit tatsächlich arbeitsunfähig warst – und das durch ärztliche Bescheinigungen belegen kannst.
Wann muss der Arbeitgeber den Urlaub auszahlen?
Die Auszahlung von Urlaub – die sogenannte Urlaubsabgeltung – ist nur in einem Fall zulässig: wenn das Arbeitsverhältnis endet und du den Urlaub nicht mehr nehmen kannst. Das ist oft bei längerer Krankheit der Fall, etwa wenn du während deiner Arbeitsunfähigkeit kündigst oder gekündigt wirst.
In dem Moment, in dem das Arbeitsverhältnis endet, wandelt sich der offene Urlaubsanspruch in einen Geldanspruch. Du bekommst dann den nicht genommenen Urlaub ausbezahlt – gerechnet auf Basis deines durchschnittlichen Bruttogehalts der letzten 13 Wochen (§ 11 BUrlG).
Wichtig: Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung verjährt, wenn du nicht rechtzeitig handelst. Häufig gelten tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Ausschlussfristen von drei Monaten. Diese solltest du unbedingt kennen und einhalten.
Was gilt bei Langzeiterkrankung und Rente?
Wenn du dauerhaft krank bist und aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidest, z. B. wegen Erwerbsminderungsrente, hast du trotzdem Anspruch auf Auszahlung deines offenen Urlaubs. Auch hier gilt: Du musst die Urlaubsansprüche geltend machen, bevor sie verfallen. Das gilt unabhängig davon, ob du während deiner Krankheit Arbeitslosengeld oder Krankengeld bezogen hast.
Übrigens: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dich über den drohenden Verfall von Urlaub zu informieren. Tut er das nicht, bleibt dein Anspruch unter Umständen deutlich länger bestehen – wie das BAG erst 2022 klargestellt hat.
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So sicherst du dir deine Urlaubsabgeltung
Wenn dein Arbeitsverhältnis endet und du noch Urlaub offen hast, solltest du diesen Anspruch schriftlich geltend machen. Nenne dabei konkret:
- die Jahre, aus denen der Urlaub stammt
- die Anzahl der offenen Urlaubstage
- den Zeitraum deiner Krankheit
- und fordere eine Auszahlung mit Fristsetzung
Achte auf Nachweise: Krankschreibungen, Kündigungsbestätigung, Gehaltsabrechnungen – alles, was deinen Anspruch stützt. Reagiert der Arbeitgeber nicht, kannst du den Anspruch einklagen.
Tipps der Redaktion
Wenn dein Urlaub bei Krankheit nicht verfallen soll:
✅ Krankheitszeiten lückenlos dokumentieren
✅ Urlaub nach Ende der Krankheit rechtzeitig beantragen
✅ Bei Beendigung: Auszahlung schriftlich einfordern
✅ Ausschluss- oder Verfallsfristen prüfen
✅ Arbeitgeber muss über Verfall informieren – sonst bleibt Anspruch bestehen
Experteneinschätzung
„Urlaubsansprüche dürfen bei Krankheit nicht einfach verfallen. Wer länger krank ist, sollte seine Ansprüche sorgfältig dokumentieren – und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Auszahlung aktiv einfordern. Viele Arbeitgeber zahlen erst, wenn sie dazu aufgefordert werden.“
— Rechtsanwalt Björn Kasper
FAQ – Die 7 wichtigsten Fragen zum Thema
Verfällt mein Urlaub bei Krankheit automatisch?
Nein. Wenn du krank bist und deinen Urlaub deshalb nicht nehmen kannst, bleibt er bis zu 15 Monate über das Jahresende hinaus erhalten. Danach verfällt er – es sei denn, dein Arbeitgeber hat dich nicht über den drohenden Verfall informiert.
Kann ich Urlaub auch auszahlen lassen, wenn ich wieder gesund bin?
Nur, wenn du aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidest – z. B. durch Kündigung. Ansonsten muss Urlaub immer durch Freizeit genommen werden. Eine Auszahlung während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ist gesetzlich unzulässig.
Wie wird der auszuzahlende Urlaub berechnet?
Grundlage ist das durchschnittliche Bruttoarbeitsentgelt der letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Zuschläge und variable Bestandteile fließen mit ein, sofern sie regelmäßig gezahlt wurden.
Was ist, wenn ich mehrere Jahre lang krank war?
Dann kannst du dir den Urlaub der letzten 15 Monate vor deinem Ausscheiden auszahlen lassen – vorausgesetzt, du machst deine Ansprüche rechtzeitig geltend. Urlaub aus früheren Jahren verfällt, wenn du ihn nicht geltend machst oder Ausschlussfristen gelten.
Muss mein Arbeitgeber mich über drohenden Urlaubsverfall informieren?
Ja. Seit 2019 ist der Arbeitgeber verpflichtet, dich aktiv darauf hinzuweisen. Tut er das nicht, bleibt dein Urlaubsanspruch auch über die 15-Monats-Grenze hinaus bestehen. Das hat der EuGH und das BAG klargestellt.
Was passiert, wenn mein Arbeitgeber sich weigert zu zahlen?
Dann solltest du deine Ansprüche schriftlich einfordern – mit Frist. Bleibt die Zahlung aus, kannst du den Anspruch auf Urlaubsabgeltung einklagen. Die Erfolgsaussichten sind gut, wenn du deine Krankheitszeiten nachweisen kannst.
Gilt das auch bei Erwerbsminderungsrente?
Ja. Wenn du wegen Krankheit dauerhaft ausscheidest, hast du Anspruch auf Auszahlung des offenen Urlaubs – auch dann, wenn du nicht mehr ins Berufsleben zurückkehrst. Entscheidend ist der Status bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
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